Europa in der Rezession oder anhaltender Bullenmarkt? Womit wir 2015 rechnen.
Das Jahr 2014 hatte an den Börsen einige Überraschungen parat. Mit europäischen Staatsanleihen konnte man zweistellige Renditen erzielen während sich der DAX 30 erst im November wieder aus der Verlustzone verabschiedete. Weniger überraschend waren aus unserer Sicht die gute Entwicklung der US-Börsen und die anhaltenden Probleme in den Schwellenländern, wobei sich die asiatischen Börsen erfreulich positiv entwickelten.
Worauf müssen wir uns 2015 einstellen?
1. Uneinheitlicher Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung, die Unterschiede nehmen zu.
Bereits 2014 entwickelte sich die Weltwirtschaft mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Die Konjunkturlokomotive waren die USA und sie werden es auch 2015 bleiben. Die Eurozone verzeichnete eine deutliche Wachstumsschwäche. Auch die Schwellenländer entwickelten sich sehr unterschiedlich. Während in Asien sich eine Bodenbildung abzeichnet, stecken Osteuropa und Südamerika in der Rezession.
Konjunktur: Sowohl die Investitionstätigkeit als auch der Konsum sollten 2015 für eine Belebung der Konjunktur sorgen. Bei den Investitionen kommen wichtige Impulse aus den USA. Das gute Wirtschaftswachstum erfordert Investitionen in neue Maschinen und Anlagen. Durch die steigende Beschäftigung und die niedrigen Energiepreise haben die Verbraucher mehr Geld zum Ausgeben. Von den stark gefallen Ölpreisen profitieren auch Europa und die asiatischen Schwellenländer, die stark von Ölimporten abhängig sind. Die Ausnahme bildet Malaysia, das selbst Öl fördert.
Geldpolitik: Die USA sind im Wachstumszyklus am weitesten Fortgeschritten. Im Lauf des zweiten Quartals erwarten viele Analysten die erste Leitzinserhöhung durch die amerikanische Zentralbank. Dagegen wird die Geldpolitik der EZB und der Bank of Japan durch weitere Lockerungsmaßnahmen gekennzeichnet sein.
Anlagemärkte: Dementsprechend asynchron werden sich 2015 voraussichtlich die Anlagemärkte entwickeln. Eine gute regionale Positionierung und die gezielte Auswahl von Einzeltiteln werden entscheidend sein. In diesem Umfeld können aktive Fondsmanager einen Vorteil gegenüber ETFs erzielen.
2. Die Eurozone steht vor entscheidenden Weichenstellungen
Die Eurozone präsentiert sich für Anleger gegenwärtig auf den ersten Blick als wenig attraktiv. Das Wirtschaftswachstum schwächelt und die Gefahr einer Deflation ist noch nicht gebannt. Das Inflationsziel der EZB von knapp unter 2% liegt in weiter Ferne. Seit dem Sommer 2014 erweitert die EZB ihren Maßnahmenkatalog im Kampf gegen die Deflation.
Im ersten Quartal 2015 wird der Start eines breit angelegten Programm von Wertpapierkäufen erwartet, das auch Staatsanleihen beinhalten kann. Mario Draghi, der Präsident der EZB, ermahnt seit vielen Monaten die Politik ebenfalls aktiv die Wachstumsschwäche zu bekämpfen. Der „Wunschzettel“ reicht von Steuerentlastungen für Unternehmen, über Investitionsprogramme bis hin zu Strukturreformen.
Die EZB ist überzeugt, dass die lockere Geldpolitik nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie von politischen Reformen begleitet wird. Die Wirtschafts- und Finanzpolitiker erhalten 2015 Unterstützung durch den schwachen Euro und die niedrigen Ölpreise. Damit es ein positives Aktienjahr in der Eurozone werden kann, müssen die Reformschritte eingeleitet werden.
Die aktuellen Signale deuten in die richtige Richtung. Europaweit wird an Investitionsprogrammen gearbeitet. Spanien, Irland und Portugal haben bereits eine umfangreiche Reformagenda umgesetzt. In Frankreich wurden wichtige Veränderungen angestoßen und weitere Projekte kommen beim Arbeitsmarkt und bei der Entlastung von Unternehmen. Einzig aus Italien ist zurzeit wenig zu hören.
Quelle: Thomson Reuters Datastream
Quelle: Thomson Reuters Datastream
3. Die Unsicherheit an den Märkten nimmt zu – Kursausschläge kommen überraschender und stärker
Nicht nur die geopolitischen Risiken haben in den vergangenen Monaten zugenommen. Neben der Ukrainekrise und den Konflikten im Nahen Osten bleiben auch die innenpolitischen Risiken in China und der Grenzkonflikt zwischen China und Japan bestehen. Die weitere Entwicklung dieser Konflikte ist schwer zu prognostizieren und sollte nicht die Richtschnur für die Anlageentscheidungen sein. Dennoch sollte man sie nicht aus den Augen verlieren.
Neben der bereits erwähnten unterschiedlichen Entwicklung der Geldpolitik dürfte auch die Art ihrer Umsetzung die Anlageentscheidungen beeinflussen:
In den USA wird für das zweite Quartal die erste Leitzinserhöhung erwartet. Die jüngsten Äußerungen der Entscheidungsträger bei der Fed signalisieren eine große Flexibilität. Kommt der Zinsschritt überraschend früher oder später, könnten die Anleihe- und Aktienmärkte in Unruhe versetzt werden. Jedoch sind die ersten Zinserhöhungsschritte kein Anzeichen für ein Ende der positiven Entwicklung am Aktienmarkt. Im Gegenteil die Rücksetzer rund um die Kursausschläge können zum Einstieg oder Aufstocken von Engagements genutzt werden.
In der Eurozone dürfte die Unsicherheit rund um das schwache Wachstum und die Deflationsgefahren groß bleiben. Wer sich unserer Erwartung anschließt, dass die notwendigen Reformschritte umgesetzt werden, kann die Kursschwankungen in der Eurozone ebenfalls zum Aktienkauf nutzen. Positiv sollte sich für die Unternehmen auswirken, dass die Kreditvergabe der Banken wieder an Fahrt gewinnt. In den vergangenen Jahren war es für Unternehmen in Südeuropa entweder sehr teuer oder fast unmöglich Kredite zu erhalten, auch wenn sie attraktive Investitionsprojekte verfolgten.
Die Unternehmensanleihen könnten daraus als Verlierer hervorgehen. Nachdem 2014 bereits die Anleihen mit geringer Bonität, die sog. High Yield-Anleihen, in den USA Verluste verzeichneten, könnte es 2015 auch für die Anleihen mit guter Bonität schwierig werden. Die zunehmende Schwankungsbreite bei den Aktienkursen geht in der Regel auch mit Kursabschlägen bei Unternehmensanleihen einher. Die sehr niedrigen Renditen der Unternehmensanleihen bieten hier kaum noch Schutz.
Dementsprechend bevorzugen wir für defensive Anlagen flexible Fonds, die den Anleihemarkt mit all seinen Facetten ausnutzen können. Auch wenn der Gesamtmarkt stark an Attraktivität verliert, lassen sich in den Nischen und durch aktives Management Anlagechancen finden.
Welche Anlagechancen bieten sich?
Aktienmärkte: Gute Chancen sehen wir bei den Aktien aus den USA. Das Aufholpotential der Aktienmärkte der Eurozone schätzen wir ebenfalls hoch ein. Die lockere Geldpolitik und der schwache Yen sind weiterhin die Grundlage für mögliche Kursgewinne in Japan. Allerdings müssen sich Anleger auf zunehmende Kursausschläge an den Börsen einstellen, da die Unsicherheitsfaktoren eher zunehmen. Dies gilt auch für die Aktienmärkte der Schwellenländer. Die Börsen Russlands werden wahrscheinlich weiter unter den Sanktionen und dem niedrigen Ölpreis leiden. Brasilien hat noch mit der unangenehmen Mischung aus Rezession und hoher Inflation zu kämpfen. Aus diesem Grund sehen wir weiterhin Asien im Vorteil.
Anleihenmärkte und Immobilieninvestments: Bei den defensiven Anlagestrategien setzen wir auch 2015 auf flexible Anleihefonds und, sofern der Anlagehorizont mittel- bis langfristig ist, auf offene Immobilienfonds. Die Herausforderungen an den Anleihemärkten nehmen zu, weshalb aktive, flexible Managementstrategien die Chance auf einen positiven Ertrag oberhalb der Inflationsrate eröffnen. Ebenso sollten die Immobilieninvestments eine positive Wertentwicklung im anhaltenden Niedrigzinsumfeld bieten.
Rohstoffe: Bei den Rohstoffen dürfte die Entwicklung eher schwach bleiben. Das Wirtschaftswachstum sollte sich zwar ein wenig beschleunigen, dies reicht allerdings nicht aus, um einen neuen Nachfrageboom auszulösen. Gleichzeitig hat 2014 das Angebot an Industriemetallen, Öl und Gas zugenommen. In diesem Umfeld fehlt der Auslöser für deutliche Preisanstiege. Die zugehörigen Aktienwerte eröffnen spekulative Chancen. Sie sind niedrig bewertet und sofern ein weiterer Preisverfall bei den Rohstoffen ausbleibt, könnten die Werte von den Anlegern wieder entdeckt werden.
Risikoabsicherung: Viele Möglichkeiten zur Risikoabsicherung gibt es nicht. Hier kommen vor allem deutsche und US-Staatsanleihen sowie Tagesgeld in Frage. Die Renditen sind sehr gering und die Gefahr von Kursverlusten der Anleihen beim Eintritt der positiven Entwicklung in der Wirtschaft und den Aktienmärkten ist hoch. Einzig im Falle einer Rezession in Europa und / oder einer anhaltenden Deflation wären entsprechende Kursgewinne zu erwarten. Absicherungsstrategien können 2015 relativ teuer werden.
Das Börsenjahr ist bereits turbulent gestartet. Überraschungen, die bislang in keinem Jahresausblick stehen, werden sicher auch dieses Jahr wieder den Markt bestimmen. Deshalb freue ich mich hier über Ihre Börsenerwartungen. Für 2015 wünsche ich Ihnen Gesundheit, Glück und viel Erfolg bei der Geldanlage. Viele Grüße Stefan Maly Anlagestrategie
... Mehr anzeigen