Der Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro ist Vergangenheit. Welche Folgen hat diese Entscheidung der Schweizer Notenbank? Lesen Sie hier die Meinung unseres Experten Stefan Maly, stellvertr. Leiter der Anlagestrategie bei der Consorsbank.
Im September 2011 entschied sich die Schweizer Nationalbank (SNB), einen Kursanstieg des Schweizer Franken (CHF) auf ein Niveau von mehr als 1,20 Franken je Euro zu verhindern. Zu diesem Zeitpunkt litt die Wirtschaft in der Schweiz, die neben den Banken vor allem durch Tourismus und exportorientierten Konzerne geprägt ist, unter der starken Aufwertung des Franken gegenüber dem Euro.
Zu Beginn des Jahres 2010 erhielt man für einen Euro 1,4844 Franken, im September 2011 verteuerte sich der Franken auf 1,0298 Franken je Euro, das entspricht einer Aufwertung von 44% gegenüber dem Euro. Die Folge war neben einem schwächeren Wirtschaftswachstum, der Beginn einer anhaltenden Deflation. Zum Gegensteuern senkte die SNB den Leitzins im August 2011 auf null und führte die Obergrenze für den Wechselkurs des Franken zum Euro ein. Um diese Obergrenze zu verteidigen kaufte die SNB regelmäßig Anleihen aus dem Euro Währungsgebiet gegen Schweizer Franken. Im August 2011 lagen die Fremdwährungsreserven der SNB bei 281 Mrd. CHF, bis zum November 2014 stiegen sie auf 476 Mrd. CHF.
Die Bilanzsumme der SNB wuchs im gleichen Zeitraum von 365 Mrd. CHF auf 525 Mrd. CHF und erreicht damit mehr als 80% der Wirtschaftsleistung der Schweiz (BIP). Zum Vergleich die Bilanzsumme der EZB beträgt aktuell 17% des BIP der Eurozone.
Die Schweizer Nationalbank hatte am vergangenen Donnerstag die Wechselkursbindung des Franken an den Euro aufgehoben.
Viele Marktbeobachter gehen davon aus, dass die SNB die Obergrenze für den Wechselkurs des Franken aufgeben wollte, bevor die EZB am 22.Januar den Beginn eines eigenen Anleihekaufprogramms bekannt geben wird. Ein erwarteter Effekt des sogenannten Quantitative Easing ist ein fallender Euro. Die SNB hätte in diesem Fall noch mehr Geld drucken müssen, um die Wechselkursobergrenze zu verteidigen.
Welche Folgen hat diese Entscheidung?
Das Ende der Bindung des Franken hat vielfältige Folgen. Die Unternehmen in der Schweiz, die hauptsächlich ihre Waren im Ausland verkaufen, haben mit fallenden Gewinnen zu kämpfen. Die promienentesten Beispiele dafür sind Swatch, Nestle, Novartis und Roche. Durch die starken Schwankungen an den Devisenmärkten sind weltweit einige Währungsbroker Pleite gegangen, darunter Alpari aus Großbritannien, oder mussten schwere Verluste hinnehmen.
Ebenfalls sind Immobilienkäufer in Polen und Österreich betroffen. In beiden Ländern gibt es Hypotheken auf Schweizer Franken lautend im Wert von jeweils ca. 34 Mrd. CHF. Für die österreichischen Schuldner bedeutet dies, dass ihre Schulden innerhalb eines Tages um 19% im Wert gestiegen sind, für polnische Schuldner ist es sogar ein Anstieg um 21%.
Dennoch ist davon auszugehen, dass die Folgen des freien Wechselkurses des Frankens vor allem in der Schweiz zu spüren sein werden.
Bedeutende Verwerfungen an den Finanzmärkten außerhalb der Schweiz wird es wahrscheinlich nicht geben.