Aus: Deutsche Bundesbank, Häufig gestellte Fragen zum Thema Finanzsanktionen Stand 3. Juni 2022 E.13. Was gilt für American Depositary Receipts und Global Depositary Receipts? American Depositary Receipts (ADR) sind von US-amerikanischen Banken ausgegebene Papiere, die Rechte an den zugrundeliegenden Aktien verbriefen. Global Depositary Receipts (GDR) sind nach dem Vorbild der American Depositary Receipts entwickelte Papiere vergleichbaren Inhalts. Im Einzelnen können ADR und GDR unterschiedlich ausgestaltet sein; jedenfalls sind sie Aktienzertifikate und daher übertragbare Wertpapiere i.S.v. Art. 1 lit. f) i) der Verordnung (EU) Nr. 833/2014. Es ist verboten, übertragbare Wertpapiere und Geldmarktinstrumente unmittelbar oder mittelbar zu kaufen, zu verkaufen, Wertpapierdienstleistungen oder Hilfsdienste bei der Begebung zu erbringen oder anderweitig damit zu handeln, die unter Art. 5 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 fallen. Daher stellen sich die Fragen, ob – Erwerb oder Veräußerung eines ADR oder GDR – Umtausch von ADR oder GDR in die zugrundeliegenden Aktien einen Kauf oder Verkauf in diesem Sinne darstellen Emittent von Russischen Aktien i.S.v. Art. 5 Abs. 1 bis 4 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 ist – wie unter E.10. ausgeführt – die betreffende russische Aktiengesellschaft. Diese Aktien sind daher von Art. 5 Abs. 1 bis 4 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 erfasst, wenn die Gesellschaft zu den erfassten Unternehmen gehört und die Wertpapiere die weiteren Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 bis 4 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014, insbesondere zum Emissionszeitpunkt, erfüllen, vgl. E.12. ADR und GDR hingegen werden von US- oder anderen nicht-russischen Depotbanken ausgegeben. Sie sind daher nicht unmittelbar vom Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 bis 4 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 erfasst. Auch wenn Art. 5 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 in der deutschen Sprachfassung den Begriff des „(Ver-) Kaufens“ verwendet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich dieses Verbot auf das (schuldrechtliche) Verpflichtungsgeschäft beschränkt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Verbot auch das (sachenrechtliche) Erfüllungsgeschäft erfasst. Verboten ist daher nicht nur der (Ver-) Kauf der betroffenen Wertpapiere und Geldmarktinstrumente, sondern auch deren auf dieser Grundlage erfolgender Übertrag. Sinn und Zweck der Regelung ist es nach Erwägungsgrund (5) der Verordnung (EU) Nr. 833/2014, die betroffenen Stellen vom Zugang zu den Kapitalmärkten abzuschneiden; im Ergebnis zielt dies auf eine Einschränkung der Verkehrsfähigkeit der betroffenen Wertpapiere. Ob ADR oder GDR von Art. 5 Abs. 1 bis 4 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 erfasst werden, kommt letztlich auf die rechtliche Ausgestaltung des jeweiligen Wertpapiers und die zugrundeliegende Aktie an. Da ADR oder GDR Rechte an Aktien verbriefen, erhält der Erwerber eines ADR oder GDR mit dessen Erwerb diese Rechte an den entsprechenden Aktien. Dann dürfte es sich beim Erwerb eines ADR oder GDR um einen zumindest mittelbaren Erwerb der Aktie handeln. Ein solcher Erwerb ist verboten, wenn die zugrundeliegende Aktie von Art. 5 Abs. 1 bis 4 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 erfasst wird, vgl. dazu E.13. („Look Through Ansatz“: ADR oder GDR von „Altaktien“ wären nicht erfasst, ADR oder GDR von „Neuaktien“ hingegen schon). Dies kann nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Handelt es sich nach dem soeben Dargestellten beim Erwerb eines ADR oder GDR noch nicht um den unmittelbaren oder mittelbaren Erwerb der entsprechenden Aktie, tritt dieser Erwerb spätestens dann ein, wenn ADR oder GDR gegen die Aktie eingetauscht werden. Das wäre bei erfassten Wertpapieren nach Art. 5 Abs. 1 bis 4 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 verboten. Im Übrigen sind ADR und GDR ebenso wie Aktien „Gelder“ i.S.v. Art. 1 lit. g) der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 und unterliegen damit auch dem dort geregelten Bereitstellungs- und Verfügungsverbot, vgl. dazu B.2. ff. ("Verboten": Hervorhebung jeweils d. Beitragsverfasser)
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