Das Jahr 2023 war geprägt von bemerkenswerten Entwicklungen und Herausforderungen, die sowohl die globalen Finanzmärkte als auch die geopolitische Landschaft nachhaltig beeinflusst haben. In unserem Jahresrückblick 2023 beleuchten wir noch einmal die wichtigsten Ereignisse.
Zu Beginn des Jahres 2023 herrschte an den Aktienmärkten große Unsicherheit, geprägt von den Nachwirkungen des turbulenten Börsenjahres 2022. Diese Unsicherheit wurde durch verschiedene Faktoren hervorgerufen: anhaltend hohe Inflationsraten, aggressive Zinserhöhungen der Zentralbanken, geopolitische Spannungen und zunehmende Rezessionsängste. Trotz dieser Herausforderungen starteten die Finanzmärkte überraschend positiv ins neue Jahr. Sowohl der deutsche Leitindex DAX als auch das US-amerikanische Pendant der Dow-Jones-Index konnten im Januar deutlich zulegen.
Die Inflation ging im Laufe des Jahres zurück
Der positive Start ins Jahr war für manche Marktteilnehmende insofern überraschend, da nach wie vor das Damoklesschwert „Inflation“ über allen schwebte. Sowohl in Deutschland als auch den USA war die Inflationsrate mit 8,70 % bzw. 6,40 % nahe ihren Höchstständen aus dem vergangenen Jahr.
Eine hohe Inflation kann für die Wirtschaft und die Aktienmärkte gefährlich sein, da sie die Kaufkraft verringert, was bedeutet, dass Verbraucher und Unternehmen mehr für die gleichen Waren und Dienstleistungen bezahlen müssen. Dies kann zu einem Rückgang der Verbrauchernachfrage führen, was wiederum das Wachstum und die Gewinne der Unternehmen beeinträchtigt. Darüber hinaus führen hohe Inflationsraten häufig zu Zinserhöhungen durch die Zentralbanken. Diese wollen damit die Inflation bekämpfen. Steigende Zinsen erhöhen wiederum die Kreditkosten für Unternehmen und Verbrauchende, was die Investitionstätigkeit und den Konsum bremsen kann. Ein solches Umfeld kann zu einem Rückgang der Aktienkurse führen, da Anlegende die künftigen Gewinnaussichten der Unternehmen negativer einschätzen.
Doch im Laufe des Jahres 2023 ging die Inflation in vielen Ländern zurück, was hauptsächlich auf eine Kombination aus geldpolitischen Maßnahmen und veränderten wirtschaftlichen Bedingungen zurückzuführen war. Die Zentralbanken weltweit, insbesondere die US-Notenbank (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB), reagierten auf die hohe Inflation mit einer Reihe von Zinserhöhungen, um die Geldmenge zu verknappen und die Nachfrage zu dämpfen. Gleichzeitig begannen sich die Preise einiger wichtiger Inflationskomponenten wie Energie und Rohstoffe zu stabilisieren oder sogar zu sinken. Diese Faktoren trugen zusammen mit den Auswirkungen staatlicher Entlastungsmaßnahmen und einer allmählichen Normalisierung der globalen Lieferketten dazu bei, den anhaltenden Preisauftrieb zu dämpfen und die Inflationsraten allmählich zu senken.
Zinserhöhungen sorgten für Turbulenzen bei US-Banken
Entscheidend für die Entwicklung an den Finanzmärkten waren auch die bereits erwähnten Zinserhöhungen. Aufgrund der hohen Inflation sahen sich viele Zentralbanken gezwungen, den sogenannten Leitzins anzuheben. Der Leitzins ist der Zinssatz, zu dem die Zentralbanken den Geschäftsbanken Geld leihen und dient als wichtige Orientierung für die Zinsgestaltung im gesamten Bankensystem eines Landes.
Die Fed, die bereits 2022 mit Zinserhöhungen begonnen hatte, um die Inflation in den USA zu bekämpfen, setzte diesen Trend 2023 fort, da die Inflationsraten weiterhin deutlich über ihrem Zielwert von 2,00 % lagen. Auch die EZB, die im Euroraum vor einer ähnlichen Herausforderung stand, erhöhte die Zinsen, um den Preisauftrieb und die konjunkturelle Überhitzung einzudämmen. Ende November lag der Leitzins in den USA in einer Bandbreite von 5,25 % bis 5,50 %. Im Euroraum lag der Leitzins zuletzt bei 4,50 %.
Die Zinserhöhungen hatten deutliche Auswirkungen auf die Anleiherenditen, insbesondere in den USA. Mit dem Anstieg der Leitzinsen stiegen auch die Renditen von Staats- und Unternehmensanleihen. Diese Entwicklung machte Anleihen attraktiver, führte aber auch zu einer Neubewertung der Risiken und zu höheren Finanzierungskosten für Unternehmen und den Staat. Gleichzeitig trugen die höheren Zinsen und die damit einhergehende Straffung der Geldpolitik zur US-Bankenkrise im März 2023 bei. Banken, die in langfristige Anleihen mit niedrigen Renditen investiert hatten, sahen sich mit dem Problem sinkender Anleihekurse und steigender Refinanzierungskosten konfrontiert, was zu Liquiditätsengpässen führte und einige Banken wie die Silicon Valley Bank und die First Republic Bank in Schwierigkeiten brachte. Trotz des raschen Eingreifens von Regierungen, Zentralbanken und Regulierungsbehörden, um schlimmere Auswirkungen zu verhindern, führten diese Ereignisse kurzzeitig zu Unruhen auf den Kapitalmärkten.
Die Zinserhöhungen hatten aber auch ihr Gutes: Junge Anlegende kamen zum ersten Mal in ihrem Leben in den Genuss attraktiver Zinsen auf Tages- oder Festgeldkonten.
Mittlerweile zeichnet sich ein Ende des Zinserhöhungszyklus ab. Sowohl in den USA als auch im Euroraum dürfte mit der jüngsten Erhöhung der Zinsgipfel erreicht worden sein. Der deutliche Rückgang der Inflation sowie eine mögliche Abkühlung der US-Konjunktur lassen viele Marktteilnehmende bereits auf Zinssenkungen im nächsten Jahr spekulieren.
Ukraine-Krieg und Angriff auf Israel verunsichern Anlegende
Auch im Jahr 2023 sorgte der Krieg in der Ukraine für Unsicherheit auf den Weltmärkten. So führten die anhaltenden militärischen Auseinandersetzungen und die politische Instabilität in der Region weiterhin zu einer Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit, insbesondere bei wichtigen Rohstoffen wie Gas und Öl, was sich weltweit auf die Energiepreise auswirkte. Darüber hinaus hat die durch den Konflikt ausgelöste humanitäre Krise zu erheblichen Migrationsbewegungen und sozialen Unruhen geführt, die die geopolitischen Spannungen weiter verschärft haben. All diese Faktoren trugen dazu bei, dass Investierende und Unternehmen vorsichtiger agierten, was wiederum zu Volatilität und Verunsicherung auf den Finanzmärkten führte.
Im Laufe des Jahres rückte der Krieg zwischen Russland und der Ukraine jedoch immer mehr in den Hintergrund, vor allem als die Terrororganisation Hamas am 7. Oktober Israel mit Raketen angriff, über tausend Zivilisten tötete und Hunderte entführte. Der brutale Anschlag sorgte auch an den Finanzmärkten für Verunsicherung. Der Ölpreis reagierte prompt und vermeintlich sichere Häfen wie Gold waren gefragt. Aber auch die Aktienmärkte zeigten sich nach den Anschlägen volatiler und gaben teilweise nach. Grund dafür war die Befürchtung, dass sich der Konflikt ausweiten und Länder wie Iran, Saudi-Arabien und am Ende sogar die USA mit hineingezogen werden könnten.
Aktienmärkte trotzen der schwächelnden Konjunktur
Inflation, Zinserhöhungen und geopolitische Entwicklungen hinterließen ihre Spuren in der Weltwirtschaft. Während sich die US-Wirtschaft überraschend stabil zeigte, durchlief die deutsche Wirtschaft eine Phase der Stagnation und Schwäche. Nach einer leicht rezessiven Entwicklung im Winterhalbjahr 2022/23 stagnierte die deutsche Wirtschaft im ersten Halbjahr und schrumpfte im dritten Quartal. Während der private Konsum stabilisierend wirkte, dämpfte das schwache außenwirtschaftliche Umfeld die Produktions- und Exportentwicklung. Die Industrieproduktion war insbesondere in Schlüsselbranchen wie der Automobilindustrie und dem Baugewerbe rückläufig.
Trotz dieser wirtschaftlichen Herausforderungen konnten die Aktienmärkte in Deutschland zulegen. Für diesen Anstieg gibt es mehrere mögliche Erklärungen. So könnte ein Faktor die vergleichsweise günstigere Bewertung deutscher Unternehmen zu US-Werten sein. Wenn deutsche Aktien im Verhältnis zu ihren Gewinnen niedriger bewertet sind als US-Aktien, könnten sie für Anlegende gerade in einem unsicheren Marktumfeld attraktiver erscheinen. Darüber hinaus hat sich die Zinsdifferenz zwischen den USA und Deutschland verringert, was die Attraktivität deutscher Anleihen erhöht und zu einer Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar geführt hat. Ein stärkerer Euro gegenüber dem US-Dollar ist auch für US-Investierende positiv, da er die Renditen ihrer auf Euro lautenden Anlagen erhöht.
Welche Lehren können Anlegende aus dem Jahr 2023 ziehen?
Aus den Entwicklungen des Jahres 2023 lassen sich wichtige Lehren für Anlegende ziehen. Erstens zeigt die Diskrepanz zwischen einer sich abschwächenden Wirtschaft und steigenden Aktienmärkten, dass die Börsenentwicklung nicht immer direkt mit der makroökonomischen Leistung korreliert. Anlegende sollten daher über das unmittelbare wirtschaftliche Umfeld hinausblicken und ein breiteres Spektrum von Faktoren berücksichtigen, darunter die Geldpolitik, internationale Entwicklungen und die Marktstimmung. Dies unterstreicht die Bedeutung einer diversifizierten Anlagestrategie, die verschiedene Anlageklassen und geografische Regionen umfasst, um Risiken zu streuen und von unterschiedlichen Marktdynamiken zu profitieren.
Zweitens unterstreicht das Jahr 2023 die Bedeutung einer langfristigen Perspektive. Trotz kurzfristiger Schwankungen und Unsicherheiten können langfristige Trends wie technologische Entwicklungen, demografische Veränderungen und die Dynamik des Welthandels langfristige Anlagechancen bieten. Anlegende sollten sich daher vor kurzfristigen Reaktionen hüten und sich stattdessen auf langfristige, fundamentale Wachstumstreiber konzentrieren.
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Das Jahr 2023 im Schnelldurchlauf fasst unsere Chief Investment Strategist Stephan Kemper hier noch einmal zusammen
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