Hallo,
.....kann mir jemand die Steuersystematik bei der Teilfreistellung bei Verlusten erklären?
Die Teilfreistellung auf Verluste wird so gehandhabt, dass der Teilfreistellungsbetrag von dem realisierten Verlust abgezogen wird und nicht im Verlust-Verr.-Topf landet, also so gesehen positiv gegengerechnet wird.
Sinn war doch eher, eine Kompensation der Fondsbesteuerung mit Körperschaftssteuer auf Fondsebene und dadurch eine Teilfreistellung der positiven Erträge des Anlegers von der Abgeltungssteuer.
Bei Verlusten bewirkt die Teilfreistellung allerdings das Gegenteil, nämlich eine Verringerung des tatsächlich realisierten Verlusts durch den Teilfreistellungsbetrag, der nicht in den Verust-Verr.-Topf fließt. In Summe also eine Kürzung des Velusts um 30% bei Aktienfonds/ETF´s; es werden nur 70% des Verlusts in den Verlust-Verr.-Topf gestellt.......
Wo liegt denn hier die Kompensation bezogen auf die Besteuerung auf Fondsebene?
Bei Verlusten im Fonds wird ja wohl weniger bis gar keine Körperschaftssteuer auf Fondsebene gezahlt. Sollte der Anleger dann diese Mindereinnahme des Staates über seinen Verlust bei der Teilfreistellung wieder ausgleichen, weil hier dann ein "positiver Ertrag" von 30% gegengerechnet wird :(...????
Irgendwie total Banane, oder...?
Zur Verdeutlichung ein Abrechnungsbeispiel Verkauf 02.2019:
Veräußerungsverlust nach Differenzmethode: - 1000 €
In den Verrechnungstopf Allgemein eingestellt 690 €
Details zur Investmentbesteuerung
Teilfreistellungsbetrag -300 €
Teilfreistellungsquote 30%
Ergebnis fikt. Veräußerung 31.12.2017 -10 €
Akkum. thes. Ertäge fikt. Veräußerung 31.12.2017 20 €
Mathematisch alles total simpel, aber das Dumme: Ein Realverlust von 1000€ wird auf einen um 30% geringeren Verlust eingedampft, so als hätte man einen positiven Ertrag verrechnet........
-1000 - (-300 +10 - 20) = -690 (in den Verr.-Topf...)
Grüße
onra
Hats Du auch einen Link zu diesem Aktenzeichen, bei dem man nachlesen kann, worum es in diesem Verfahren geht? Wenn ich das richtig verstanden habe, geht es im oben verlinkten Musterverfahren um die Frage, ob die Steuern den Gewinn (beim fiktiven Verkauf entstand ein höherer Gewinn) übersteigen dürfen.
Ich habe diese beiden links:
https://www.pressetext.com/news/1609837200693
Das Aktenzeichen habe ich per email angefragt und erhalten:
"vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an unserer Musterklage gegen die Folgen des Investmentsteuerreformgesetzes. Wir haben bereits einen Musterkläger. Gerne geben wir Ihnen aber unser Aktenzeichen. Sie können sich im Rahmen der Steuererklärung darauf berufen, damit der Bescheid im Rahmen des Widerspruchsverfahren keine Rechtskraft bekommt. Also nachdem Sie das in der Anlage KAP bei der Steuererklärung korrekt angegeben haben. Das Aktenzeichen lautet 7K/254/20, das Verfahren ist vor dem Niedersächsischen Finanzgericht anhängig."
Den Artikel der SDK hatte ich weiter oben bereits am 5. Januar, dem Tag des Erscheinens, verlinkt.
Das Verfahren mit dem Aktenzeichen 7K/254/20 ist weder googlebar, noch auf der Homepage des Niedersächsischen Finanzgerichts zu finden, übrigens auch nicht mit der korrekten Schreibweise 7 K 254/20.
Dieses Aktenzeichen zu nennen, sollte es denn überhaupt zur verlinkten Musterklage gehören, bring mMn dem Anleger nur dann etwas, wenn der verhandelte Sachverhalt zutrifft. Den Titel der Pressemeldung könnte man theoretisch als Bauernfängerei bezeichnen, da keine Musterklage gegen alle Folgen der Investmentsteuerreformgesetzes eingereicht wurde, sondern nur gegen die Tatsache, dass unter bestimmten Bedingungen die zu zahlenden Steuern den Erlös aus einem Verkauf übersteigen. Und eine andere Musterklage scheint der SdK nicht eingereicht zu haben, zumindest gab es dazu keine entsprechende Pressemeldung.
habe soeben einen Gerichtsbescheid vom Finanzgericht München zu meiner Klage bzgl. Teilfreistellung erhalten. Die Klage wird abgewiesen. In der Rechtsmittelbelehrung wird mir jedoch ein Antrag auf mündliche Verhandlung anheimgestellt; dieser würde den Gerichtsbescheid außer Kraft setzen.
Die Begründung der Abweisung ist hanebüchen:
Obwohl das Gericht einräumt, dass die Teilfreistellung - nach dem Willen des Gesetzgebers - der Kompensation des Fondsverkäufers für während der Haltezeit auf Fondsebene geleistete Steuerzahlungen dient, sieht es als "zwangsläufige Konsequenz" der 30%igen Reduktion des Gewinns bei Verkauf, dass auch der Verlust um 30% reduziert werden muss. Die einzige Begründung des Gerichts , die ich erkennen kann, ist, dass - im gesetzlichen Sinn - Gewinne und Verluste (nach Auffassung des Gerichts) das gleiche sind und die Vorgehensweise der Finanzämter damit gesetzeskonform ist. Alles andere scheint das Gericht nicht zu interessieren.
Damit haben wir weiterhin die absurde Situation, dass Verkäufer mit Gewinn für bereits gezahlte Steuern kompensiert werden, Verkäufer mit Verlust jedoch nicht nur nicht kompensiert sondern darüber hinaus auch noch mit einer 30%igen Reduktion der Verlustzuweisung bestraft werden - das kann nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen sein. In diesem Sinne sehe ich auch eine grobe Steuerungerechtigkeit bzgl. dieser beiden Gruppen.
Durch den Börsensturz wg. Ukraine-Krise wird wohl lange fast jeder Fondsverkäufer von dieser Ungerechtigkeit betroffen sein. Ich kann Euch nur raten Euch zu wehren. Jeder, der in der Steuererklärung entsprechende Angaben in der Anlage KAP macht, kann gegen den Bescheid Einspruch erheben.
Gruß Teilfreistellung
"Damit haben wir weiterhin die absurde Situation, dass Verkäufer mit Gewinn für bereits gezahlte Steuern kompensiert werden, Verkäufer mit Verlust jedoch nicht nur nicht kompensiert sondern darüber hinaus auch noch mit einer 30%igen Reduktion der Verlustzuweisung bestraft werden - das kann nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen sein."
Doch, doch. Das war der Wille des Finanzministers. War der nicht ein Sozialist?
Und nach dem neuen Koali-Vertrag muss die Enteignung der sogenannten "Reichen" ja noch stärker werden.
Ab wann ist man reich? Das las ich neulich in der Zeitung: so ab 40.000 Jahresnettoeinkommen
Auch : https://de.wikipedia.org/wiki/Reichtumsgrenze#Deutschland
Hallo @DerBietigheimer ,
...ich weiss nicht, was du unter einem sozialistischen Finanzministzer verstehst; ich würde eher von einem "Spezialdemokraten" sprechen wollen. Und wo ist im Koalitionsvertrag von Rot-Grün-Gelb die Rede von einer Enteignung der Reichen? Jeder hat wohl seine eigene spezielle Lesart mit mehr oder weniger Feedback.....
Deswegen mal was zur inhaltlichen Lesart des Vertrags, um den es zu gehen scheint------------------->
https://www.deutschlandfunk.de/ampel-koalitionsvertrag-100.html#Finanzen
und hier die kompletten 177 Seiten, wenn die jemand überhaupt lesen mag--------->
https://www.wiwo.de/downloads/27830022/8/koalitionsvertrag-2021-2025.pdf
LG+
onra
Hallo, @DerBietigheimer ,
Dein hier geschildertes Steuerproblem hätte sich in den gut zwei Jahren seit der Euromicron-Insolvenz durch entschlussfreudiges Veräußern oder "Ausbuchen" der Position unter kalkulierter Inkaufnahme eines satten Verlustes steuerlich schon längst in Wohlgefallen auflösen lassen, und zwar nicht als Teilfreistellung, sondern als Vollanrechnung.
Zumindest bei in D Steuerpflichtigen ... sogar unter dem Sozi-Vorgänger des aktuellen liberalen Amtsinhabers.
Wie sich die Dinge für Wahlbelgier gestalten lassen entzieht sich meiner Kenntnis.
Nichts für ungut, und [sorry für off topic} zur sehr individuellen Reichtumsgrenze:
Reich ist man, wenn's einem reicht.
Hallo, @DerBietigheimer
Zur Klarstellung: Ich sprach davon, dass es der Wille des Gesetzgebers (Bundestag, Bundesrat) war, durch die Teilfreistellung des InvStRefG alle Verkäufer von Investmentfondsanteilen um bereits geleistete Steuerzahlungen auf Fondsebene zu entlasten. Das geht eindeutig aus den Briefwechseln zwischen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat im Rahmen der Ratifizierung des InvStRefG hervor.
Der Skandal beginnt mit der praktischen Umsetzung dieses Gesetzes durch die Finanzämter. Durch Fehlinterpretation des Gesetzestextes durch das BMF (vgl. BMF-Schreiben vom 21.05.2019 zu §20 des InvStRefG) wird die Absicht des Gesetzgebers fast in ihr Gegenteil verkehrt mit der Folge der bekannten Steuerungerechtigkeit zwischen Gewinnern und Verlierern beim Fondsverkauf.
Hoffentlich wird dies - z.B. infolge des Kurssturzes wg. Ukraine-Krise- noch vielen Verlierern sauer aufstossen.
Mit der allg. Steuergerechtigkeitsfrage zwischen arm und reich hat das allerdings wenig zu tun.
Gruß Teilfreistellung
Hi Leute,
in der Frage der Teilfreistellung von Verlusten sind inzwischen mehrere Klagen beim BFH anhängig u.a. auch zwei Musterklagen des SdK (Niedersächsisches FG Az 7 Z 254/20) und des BdSt (FG Köln Az 15 K 259/20) . Wer auch ein solches Problem hat, sollte dies in seiner Steurerklärung (Anlage K) geltend machen und dem darauf folgenden Steuerbescheid mit Hinweis auf diese Musterklagen widersprechen. Wenn den Musterklagen stattgegeben wird, dann wird auch Dein Widerspruch anerkannt.
Mit einer schnellen Entscheidung ist jedoch nicht unbedingt zu rechnen; evtl. werden die Klagen, weil sie auch die Steuergegechtikeit betreffen (horizontale Steuergleichheit), bis zum Bundesverfassungsgericht hochgeschoben.