Hallo alle,
ich möchte mal an dieser Stelle meine persönlichen Grundregeln darstellen, die ich im Laufe von 20 Jahren täglicher Börsenbeobachtung und Trading für mich festgelegt habe und die ich Neulingen nur empfehlen kann. Ich würde mich über Anregungen von anderen Tradern sehr freuen, damit wir vielleicht eine sehr umfassende hilfreiche Wissensdatenbank erstellen. Ich habe inhaltlich keine Chronologie gewählt und fange einfach mal so an, was mir einfällt:
1. Positionsgrößen begrenzen / gestaffelt einsteigen
Ich begrenze meine Positionsgrößen, um nicht in einem Wert zu stark gewichtet zu sein. Zusätzlich greife ich gerne gestaffelt zu. Dies kann nämlich bei der folgenden Regel große Auswirkungen haben.
2. An der Börse kann es immer anders kommen
Nichts ist sicher! Wer meint, er kann den Markt vorhersehen, liegt falsch. Der Markt bestimmt den Weg. D.h. liege ich mit meiner Einschätzung richtig, lasse ich laufen (gehe mit dem Markt) liege ich falsch, wird die Position verkauft (Verluste begrenzen).
3. Streuung
Das Depot sollte diversifiziert aufgestellt werden (Aktien Deutschland und restliche Welt!). Die Branchen sollten unterschiedlich sein (nicht nur auf Autoaktien setzen).
4. Fundamentalanalyse betreiben
Nach unterbewerteten Aktien suchen. Das sind Werte mit niedrigem KGV oder KUV, die nach Möglichkeit eine hohe Dividende ausschütten.
5. Charttechnik als Hilfsmittel für den Ein- und Ausstieg nutzen
M.E. braucht man keine Fibbonacci-Retracements oder große Indikatoren, um den Chart zu verstehen. Es gibt Widerstände und Unterstützungen. Diese kann man im klassischen Chart gut erkennen. Kaufsignale entstehen bei Bruch des Widerstandes; Verkaufssignale beim Durchbruch von Unterstützungen. Unterstützungen sind gebrochene Widerstände.
6. Limitiert Ordern
Niemals ohne Limit Käufe und Verkäufe tätigen. Der Markt ist ein Haifischbecken und es gibt Trader, die unlimitierte Orders gnadenlos ausnutzen. Daher Limits setzen (auf Basis der Chartanalyse) und konsequent einhalten. Die menschliche Psyche neigt dazu, sich gerne umzuentscheiden, wenn es so weit ist. Dagegen hilft ein klarer Tradingplan (Kursziel und Ausstiegsszenario festlegen), den man zwingend umsetzen sollte.
7. Intuition beachten
Mit der Zeit kommt die Intuition dazu. Dann sollte man nur Werte kaufen, wo die eigene Intuition auch "ja" sagt. Das hilft, eine eigene Meinung zu bilden und nicht blind Empfehlungen hinterherzulaufen.
8. Auf Sell Off / Übertreibung achten
Gute Einstiegspunkte sind "Sell-Off" Phasen. Diese kann man gut erkennen, wenn man die Umsätze und den Realverlust betrachtet. Oft ist es so, dass es stetig nach unten geht bis es zu einem richtigen Einbruch unter hohen Umsätzen kommt. Das ist dann ein guter Einstiegspunkt. Genauso gilt dies für Übertreibungsphasen nach oben in umgekehrter Form. Daher sind die letzten Phasen besonders gewinnbringend!
9. Werte verstehen
Nur Werte kaufen, die man versteht. Man sollte verstehen, welches Geschäftsmodell hinter einem Unternehmen steht. Nur so ist man in der Lage die tatsächliche Entwicklung richtig einzustufen.
Für heute wäre es das erstmal. To be continued...:-)
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Hallo,
wenn es heißt nur mit Limit kaufen, ist damit gemeint das Trainling stop loss, stop loss, Stop buy etc nur mit Limit gekauft werden sollen? Ich habe mal gelesen wenn ein Limit angegeben wird z.b. beim stop loss limit dann kann es sein das die Aktien nicht verkauft werden weil der Kurs weiter gesunken ist als das Limit war und so die Gefahr besteht das die Aktie nicht verkauft wird?
Vielen Dank im Voraus
Hallo @Camy283,
nun das bedeutet nur Du solltest keine Käufe tätigen und dabei den Marktpreis akzeptieren. Das ist besonders bei wenig liquiden Aktien gefährlich, es kann sein das Du viel mehr bezahlst als Du wolltest. Also beim Kauf immer ein Limit angeben, was Du maximal bereit bist zu zahlen.
Ich kann Dir mal von einem Beispiel berichten, dass mir mal passiert ist. Ich hatte eine Anleihe gekauft die aber etwas unter Druck gekommen ist. Ich habe beschlossen ich will die wieder verkaufen, wenn ich die zu einem vernünftigen Preis los bekommen. Der Kurs lag glaube ich (also mit den genauen Kursen kann ich mich jetzt irren) bei etwa bei 102 ich wollte aber 109 haben und weil ichs nicht eilig hatte, habe ich eine Verkaufsorder mit Limit 109 erstellt.
Der Kurs ist dann aber nie mehr deutlich über 102 gegangen, doch Wochen später wurde meine Anleihe plötzlich verkauft. Im Kurschart hat man einen kurzen Ausschlag auf die 109 gesehen und dann wieder zurück auf knapp über 100.
Was ist passiert? Ich vermute hier hat jemand ohne Limit eine Verkaufsorder platziert. Ohne Limit also zu jedem Preis. Der Kurs stand zwar auf 101, jedoch war mein Angebot wohl das einzige das verfügbar war und weil der Kontrahent kein Limit angegeben hatte, wurde der Kauf zu meinem Limit abgewickelt.
Ich hatte ein Bomben-Geschäft gemacht, der arme Tropf hatte mir meine Anleihe viel zu teuer abgekauft, die ist einige Zeit später dann ins Bodenlose gefallen und glaube ich sogar ausgefallen.
Darum höre den Rat vom @Startrader0378 und kaufe nur mit Limit! 🙂
Gruß
Myrddin
Hallo,
vielen Dank für diese klare Darlegung! Jetzt habe auch ich es kapiert! Ohne Limit geht nix.
Was hälst Du von dem Trailing Stop loss, ist das eine Möglichkeit Gewinne mitzunehmen ohne freien Fallen in Kauf zu nehmen? Oder welche Art eignet sich wenn man nicht stündlich am Tag die Charts verfolgen kann und nur eher zu Randzeiten?
Danke schön nochmal.
Gruß Camy
Hallo @Camy283,
es gab hier in der Community schon ausführliche Diskussionen zu Stopps. Einfach mal die Suchfunktion nutzen und durch die Diskussionen lesen. Hier jetzt nur die Kurzfassung.
Das Problem ist, auf die Frage ob Stopps sinnvoll sind kann man leider nur antworten: "hängt davon ab..."
Ich bin davon vollständig abgekommen, allerdings musste ich dafür meine Strategie komplett ändern. So ein Stopp kann je nachdem was man macht sinnvoll sein. Es gibt aber auch deutliche Risiken.
Die zwei wichtigsten Punkte die man bedenken muss sind folgende:
1. Stopps sind keine Garantie: Beispiel Du kaufst eine Aktie für 95. Sie steigt auf 105 und Du willst Deine Gewinne sichern mit einem Stopp auf 100. Nun kommt es zu einem Flashcrash, der Kurs fällt spontan auf 90, der Stopp löst aus nur will keiner für 90 kaufen. Deine Order wird erst zu 85 ausgeführt. Fazit: Deine Absicherung ist missglückt, statt Gewinne zu sichern hast Du Verluste realisiert.
2. Stops sind gefährlich: Denn Sie können Dich in Sondersituationen aus dem Markt werfen, evtl. sogar Dein ganzes Depot vaporisieren. Den Montag nach der Brexit-Umfrage war so ein Tag. Nach Börseneröffnung ist spunghaft meine ganzes Depot abgeschmiert, ich habe teilweise Kurse gesehen die spontan um 40% Prozent gefallen waren. Der Spuk ging nicht ganz zwei Stunden dann waren fast alle Kurse auf wieder auf dem Niveau wie zwei Wochen vorher und haben sich dort stabilisiert.
Hätte ich Stopp-Kurse gesetzt gehabt, wäre quasi mein ganzes Depot verkauft worden, vermutlich zu extrem niedrigen Kursen und somit mit teilweise dramatischen Verlusten. Bis ich aber in der Lage gewesen wäre zurückzukaufen hätten sich die Kurse bereits stabilisiert und ich hätte nichts mehr retten können. Mein Depot wäre ein Trümmerfeld gewesen!
Feste Stopps im Markt zu haben kann Sinn machen für einen Trader, dessen Strategie mit definierten Verlusten arbeitet. Für einen Investor sind feste Stopps meiner Meinung nach eine ganz blöde Idee.
Je nach Strategie kann man mit gedachten Stopps arbeiten und dann manuell verkaufen wen diese gerissen werden. Das Einzelrisiko von Aktien kann man durch Diversifikation steuern. Sollte der Gesamtmarkt abschmieren wäre es sowieso besser die Nerven zu behalten. Ein richtig großer Crash ist keine Frage von Stunden sondern von mindestens Wochen.
Es wird immer wieder gesagt, dass gerade Privatanleger durch das ganze Hin und Her viel Geld verlieren. Hier ist weniger oft mehr.
Gruß
Myrddin
Freut mich, dass dieser Thread noch weiterhin auf so viel Aufmerksamkeit stößt. Ich lade Sie ein, auf meinem Wikifolio (Startrader0378-Dividende & Co.) meine Handelsaktivitäten nachzuverfolgen....