Guten Tag liebe Community,
heute möchte ich mal mit dem Begriff Cost Average Effect und dessen Bedeutung aufräumen.
Nahezu alle Banken benutzten dieses Phänomen als Verkaufsargument für Wertpapiersparpläne. Kurz und knapp: Streichen Sie dieses Argument bitte ausnahmslos aus ihren Köpfen! Warum dies so ist, obwohl der Cost Average Effect doch so einleuchtend klingt, werde ich Ihnen im Folgenden erklären.
Was ist der Cost Average Effect eigentlich?
Der Cost Average Effect, beschreibt den Effekt, dass bei regelmäßigen Anlagen gleich bleibender Beträge bei niedrigen Kursen mehr und bei höheren Kursen weniger Anteile gekauft werden. Damit werden die Anteile nach dem harmonischen Mittel bezahlt, während eine fixe Wertpapieranzahl nach dem arithmetischen Mittel berechnet wird.
Warum besitzt der Cost Average Effect keine pratikische Relevanz?
Es existiert genau ein wissenschaftlich nachgewiesener Fall, in dem der Cost Average Effect wirklich einen besseren absoluten Gewinn erwirtschaftet würde. Dies wäre der Fall wenn Sie 2 Sparpläne vergleichen würden, von denen einer auf einem konstanten Einzahlungsbetrag (Sparplan 1) und der andere auf dem Kauf einer fixen Anzahl dieses Wertpapieres (Sparplan 2) basieren würde. Zudem müsste zum Vergleichszeitpunkt in beiden Sparplänen die selbe Summe investiert sein.
Dieser Fall wird praktisch allerdings mit nur einer extrem kleinen Wahrscheinlichkeit jemals eintreten.
Warum wird der Cost Average Effect nicht eintreten?
Als Anleger haben Sie ex-ante nur die Möglichkeit zwischen Sparplan 1 oder 2 zu entscheiden. Da Sie den weiteren Kursverlauf nicht wissen können, werden die Strategien letztendlich zu unterschiedlichen absoluten Anlagebeträgen führen.
Spielt man dieses realistische Szenario durch, ergeben sich keine Vorteile mehr durch den Cost Average Effect unter Betrachtung der absoluten Gewinne. Somit ist dieser Effekt irrelevant.
Nun haben Sie bisher immer nur den Vergleich zweier Sparpläne angebracht. Warum benutzen Banken den Begriff denn jetzt falsch?
Zunächst behaupten Sie, dass der Effekt eine praktisch Relevanz hätte, was wir nun oben widerlegt haben. Desweiteren benutzen Banken den Begriff um eine Sparplaninvestition gegenüber einer einmaligen Investition zu rechtfertigen. Damit kommen wir aber vom eigentlichen Begriff des Cost Average Effects ab.
Wenn wir eine Einmalinvestition mit einer regelmäßigen Umschichtung desselben Betrages in einen Sparplan vergleichen, erhalten wir das empirische Ergebnis, dass die Einmalinvestition dem Sparplan überlegen ist. Es gibt auch hier nur wenige zufällige Situationen in denen der Anleger per Sparplan besser fährt. Dies ist z.B. der Fall, wenn wir einige Zeit deutlich unter den Wertpapierwert zum Zeitpunkt der Einmalinvestition fallen. Allerdings ist das bei einem Anlagenhorizont von vielen Jahren nur selten der Fall. Zudem können wir zum jetzigen Zeitpunkt keinesfalls festlegen, dass dies definitiv so eintreten wird.
Um alle Erkenntnisse nochmals kurz zusammenzutragen:
Wenn wir die Anlage in 2 Sparpläne mit dem oben beschrieben Vergleich durchführen, kann in einem nicht praktisch relevanten Fall der Cost Average Effect auftreten.
Der viel wichtigere Vergleich zwischen Einmalinvestition und Sparplan lässt nur den Schluss zu, dass die Einmalinvestition dem Sparplan überlegen ist.
Wann sollte ich dann überhaupt einen Sparplan anlegen?
Sollten Sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht über das gewünschte Anlagekapital bzw. die gewünschte Endsumme der Investition verfügen, macht ein Sparplan durchaus Sinn.
Dann können Sie z.B. einen fixen Anteil ihres Gehaltes darin monatlich einzahlen. Erwarten Sie jedoch keine Überrendite ihres Sparplanes und verabschieden Sie sich von den Vorteilen des Cost Average Effects.
Zudem kann der Sparplan ängstliche Anleger beruhigen, da kleine Beträge über Jahre hinweg eingezahlt werden.
Damit meine Ausführung auch per Quelle belegt ist, empfehle ich Ihnen ein sehr gutes Paper der Universität Mannheim.
http://www.wiwi.uni-muenster.de/fcm/downloads/forschen/2003_Gibt_es_einen_Cost-Average-Effekt.pdf
Damit wären wir soweit am Ende. Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit bei ihrer künftigen Anlagenentscheidung weiterhelfen. Dankeschön.
Ein interessante Ausfuehrung. Koennen Sie bitte den Unterschied zwischen harmonischem und arithmetischen Mittel kurz darstellen?
Wenn ich Ihren Beitrag richtig verstanden habe, scheint dies der relevante Unterschied bei der Kostenberechnung zu sein.
Der andere scheint mir, dass die Voraussetzungen, unter denen der CA Effekt eintreten kann, nicht erfuellt sein koennen. Weil ich als Mensch nicht in die Zukunft blicken kann, werde ich nie den exakt gleichen Geldbetrag investieren koennen. Dies ist doch die Bedingung, unter der der CA Effekt relevant wird?
Verstehe ich das korrekt?
Hallo @graw92,
herzlichen Dank für diesen tollen Beitrag. Ich habe mich erst kürzlich mit dem Thema etwas beschäftigt und war sogar kurz davor (dann doch zu faul) hier in der Community eine Diskussion dazu anzuregen. Ihre Argumentation in etwas kürzerer Form kann man auch in der Wikipedia im entsprechenden Artikel zu diesem Thema nachlesen. Und die Argumentation ist für mich absolut schlüssig.
Ich hatte mir eben auch die Frage gestellt ob es wohl besser ist mehrere Sparpläne parallel zu nutzen, oder die Anteile verschiedener Fonds nach und nach jeweils im Block zu kaufen. So rein gefühlt sollte die erste Variante keinen signifikanten Vorteile bringen.
Gruß
Myrddin
Vielen Dank für ihre Interesse an dem Thema.
Gerne kann ich kurz auf ihre Fragen eingehen.
Zu ihrem 1. Absatz:
Der relevante Unterschied und somit die Ursache für den Cost Average Effect sind die unterschiedlichen Eigenschaften der Sparpläne selbst. Die fixe Investitionssumme in Sparplan 1 führt zu einer Übergewichtung der Anteile in Schwächephasen während der Sparplan 2 in Stärkephasen auf Grund der fixen Anteile übergewichtet.
Harmonisches und arithmetisches Mittel sind nur das statistische Werkzeug um diesen Effekt zu quantifizieren. Ganz einfach und anschaulich heruntergebrochen wird das harmonische Mittel dann verwendet, wenn wir in der Dimension Preis (Preis = Kosten/Anteil) den Zähler Kosten, als auch den Preis selbst kennen. Dies ist ja genau in Sparplan 1 der Fall, in dem wir die feste Investitionssumme kennen. Das arithmetische Mittel verwenden wir, wenn der Nenner (Anteil) bekannt ist. Dies ist in Sparplan 2 der Fall.
Daraus lässt sich nun mathematische beweisen, dass das harmonische Mittel einer schwankenden Kurssequenz stets unter deren arithmetischem Mittel liegt. (Ebertz/Scherer (1998a), S. 84)
Zu ihrem 2. Absatz:
Sie haben das genau richtig verstanden. Sehr viele Beispiele, die den Cost Average Effect untermauern, benutzen nur eine ex-post Betrachtung. Dies ist aber nur per Analyse der Vergangenheit möglich und somit für uns jetzt nicht relevant.
@graw92
Danke, dass Sie so ausführlich auf meinen Beitrag eingegangen sind.
Ganz einfach und anschaulich heruntergebrochen wird das harmonische Mittel dann verwendet, wenn wir in der Dimension Preis (Preis = Kosten/Anteil) den Zähler Kosten, als auch den Preis selbst kennen. Dies ist ja genau in Sparplan 1 der Fall, in dem wir die feste Investitionssumme kennen. Das arithmetische Mittel verwenden wir, wenn der Nenner (Anteil) bekannt ist. Dies ist in Sparplan 2 der Fall.
Daraus [sic!] lässt sich nun mathematische beweisen, dass das harmonische Mittel einer schwankenden Kurssequenz stets unter deren arithmetischem Mittel liegt. (Ebertz/Scherer (1998a), S. 84)
Heißt das nicht, dass meine Ausgaben bei Sparplan 1 kleiner oder gleich dem von Sparplan 2 sind?
Dies bedeutet, dass Sie mit Sparplan 1 im Vergleich zu Sparplan 2 eine bessere Rendite auf ihr eingesetztes Kapital erhalten. Um es in anderen Worten zu sagen: In Sparplan 1 entstehen Ihnen pro Anteil des Wertpapiers geringere Kosten.
Dies klingt zunächst wieder sehr verlockend. Abermals möchte ich aber darauf hinweisen, dass der Cost Average Effect trotzdem keine Praxisrelevanz besitzt und Sparplan 1 nur unter gleichem Kapitaleinsatz einen höheren absoluten Gewinn erwirtschaftet.
Unterschätzen Sie nicht die Auswirkung der unterschiedlichen Kapitalbindung beider Sparpläne. Dies kann mitunter einen sehr großen Effekt haben. Dabei sind z.B. 2 Szenarien zu nennen, in denen der Sparplan 1 schlechter abschneidet.
Szenario 1:
Nach Start des Sparplans sinkt der Wert des Wertpapiers konstant über Jahre hinweg.
Dies führt dazu, dass Sparplan 1 immer mehr Anteile kauft, während bei Sparplan 2 die Investitionssumme pro Einzahlungstermin immer weiter sinkt. Letztendlich haben Sie bei Sparplan 1 auf Grund der höheren Investitionssumme einen größeren absoluten Verlust erlitten.
Szenario 2:
Nach Start des Sparplans steigt der Wert des Wertpapiers konstant über Jahre hinweg.
Dies führt dazu, dass Sparplan 1 immer weniger Anteile kauft, während bei Sparplan 2 die Investitionssumme pro Einzahlungstermin immer weiter steigt. Letztendlich haben Sie bei Sparplan 1 auf Grund der niedrigeren Investitionssumme einen kleineren absoluten Gewinn erwirtschaftet.
Zudem möchte ich hier noch einen weiteren Effekt des Sparplanes 1 anbringen. Mit zunehmender Laufzeit des Sparplanes nähern wir uns immer mehr einer Einmalinvestition an, da die fixen Einzahlungsbeträge relativ zur Gesamtinvestitionssumme immer kleiner werden.
Ein abschließend Fazit:
Sollten Sie sich nun definitiv dafür entschieden haben einen Sparplan anzulegen, empfiehlt sich trotzdem Sparplan 1. Dies ist schon auf Grund der besseren Planbarkeit der Einzahlungsbeträge der Fall.
Ich wünsche noch einen schönen Tag.
Hallo!
Welches Anlageformat das bessere ist, würde ich anhand der Ordergebühren entscheiden.
Consors berechnet für Sparpläne in ETFs eine Gebühr von 1,5 %. Wenn Sie die Anteile manuell in Blöcken kaufen, werden Sie eine geringere Gebühr zahlen müssen.
Interessant. Das bezieht sich aber immer auf die Ansparphase, oder? Ich finde eine Diskussion über den Cost Average Effect in der Entsparphase noch interessanter.
Legt man sich z.B. ein Aktiendepot als zusätzliche Altervorsorge an so steht man bei Rentenantritt ja auch vor der Entscheidung das gesamte Depot zu liquidieren und in "sichere" festverzinsliche Titel umzuschichten oder einfach auch die Schwankungen des Aktienmarktes zu ertragen und das Aktiendepot über die gesamte Rentenzeit aufzubrauchen.
Letzteres sollte eine höhere Redite erwirtschaften. Empfohlen wird aber oft den Aktienanteil vor Rentenantritt stark zu reduzieren. Macht das überhaupt Sinn?
Hallo @Totti,
dazu sind mir jetzt spontan zwei Sachen eingefallen über die man nachdenken müsste:
1. Kommen diese Tipps womöglich aus einer Zeit als mit Zinsen wenigstens noch irgendwas zu stemmen war? Im aktuellen Niedrigzinsumfeld würde eine starke Umschichtung in festverzinsliche Anlagen womöglich ständiger Vermögensverlust bedeuten. Und was für Anlagen wären das?
2. Für ich wäre auch die Frage wie lange ist meine gesamte Rentenzeit? Sterbe ich schon ein Jahr nach Renteneintritt oder werde ich völlig unerwartet uralt? Was mache ich wenn meine Altersvorsorge aufgebraucht ist, aber meine Lebenszeit noch nicht? Hier wäre evtl. ein Ansatz der ein regelmässiges Einkommen generiert die bessere Lösung und dann stellen sich die Frage der Umschichtung und das Abbaus nicht.
Das nur so als Gedanke, der von der eigentlichen Diskussion leider etwas abschweift.
Gruß
Myrddin
Sehr guter Artikel, erwähnenswert ist vllt noch der Blick auf einen sehr langen Anlagehorizont. Je länger ich auf einen Sparplan einzahle, desto kleiner ist der Anteil der Sparrate am Gesamtbetrag (Bsp. monatliche Rate 50 EUR, bisher investierter Betrag 10.000 EUR = Anteil der Rate 0,5%).
Es lässt sich also auch sagen, je länger ich in einen Sparplan einzahle, desto mehr verhält sich das investierte Kapital wie ein Einmal-Kauf.