Hallo,
nachdem ich einige Jahre Aktienerfahrungen gesammelt habe, möchte ich mich ans Thema Anleihe trauen, habe aber noch drei ungeklärte Fragen.
1. Gibt es einen guten/schlechten Einstiegszeitpunkt bei Anleihen? Ich beobachte gerade die Staatsanleihe Ungarn (WKN A0DY4X) und die RWE-Anleihe (ISIN XS1219499032). Ungarn stand am 1.7. bei 109%, RWE bei 89%. Sind das gute oder schlechte Einstiegswerte oder sollte man die Griechenlandkrise abwarten?
2. Ist es sinnvoll ein Trailing Stop Loss bei Anleihen zu setzen? Wenn ich es richtig verstanden habe, bekommt die Gläubigerin ja am Ende der Laufzeit 100% zurück, da kann es ja egal sein, ob der Kurs zwischenzeitlich runter geht, oder?
3. Ist es sinnvoll, die Anleihe bis zum Laufzeitende zu halten, wenn ja warum, wenn nein, wann sollte man am besten verkaufen? Die RWE Anleihe läuft bis 21.4.2075, ich schätze, da bin ich schon tot, Ungarn bis 2020.
Würde mich über eure Antworten freuen. Gruß, aktienmausi
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Einstiegszeitpunkt: Ja
Trailing Stopp Loss: Nein.
Laufzeitende: Kommt darauf an. Vereinfacht: Du solltest nicht auf den Kaufpreis achten sondern auf die Rendite (YTM) welche eine Wiederanlageprämisse enthält und die Duration (Sensitivität zum Referenzzins) achten.
Bitte beachte , wenn du dir jetzt einen Bond mit einer hohen Duration kaufst, zB eine RWE mit LZ 2075 kaufst, dann kannst du das Geld auch direkt wegwerfen, es sei denn deine implizierte Erwartung trifft ein dass die Zinsen eine sehr sehr lange Zeit so tief bleiben oder weiter fallen.
Grüsse
T
Kurzer Nachtrag: Jetzt erst gesehen, der RWE bond ist ein Floater. Kann man machen, sollte man aber echt nicht. Nachrang. Spread knapp 300bp vs. 83bp 5y CDS. Duration immer noch 8.3 viel zu hoch.
grüsse
Hallo T, bin leider so sehr Laie, dass ich deine Ausdrücke nicht verstehe. Was heißt Wiederanlageprämisse, was heißt Duation/Sensitivität zum Referenzzins? Wäre es denkbar eine Anleihe, z.B. RWE mit LZ 2075 zu kaufen, sich 5 Jahre lang den Festzins abzuholen und dann nach 5 Jahren die Anleihe wieder zu verkaufen? Gruß a
hallo T, vom Nachtrag "spread bp 5 y CdS" habe ich jetzt wirklich nur noch Bahnhof verstanden. lg a
Hallo,
ich kann leider nicht alles sehr ausführlich beschreiben weil das zu lange dauern wuerde. Ich moechte es auch nicht verkomplizieren, also zu deinen Fragen:
Die Renditeangabe geht immer davon aus dass du den Kupon den du bekommst mit der selben Rendite immer wieder anlegen kannst (Wiederanlageprämisse)
Duration: Wenn sich der Marktzins ändert, wird sich der Preis eines jeden Bonds aendern. Wenn der Bond eine Duration von 8.3 hat und der Marktzins um 1% steigt, wird dein Bond leider 8.3% verlieren (vereinfacht). Damit wird fuer einen neuen Kaeufer die Rendite relativ angemessen.
5y: Wenn sich absolut nichts nichts aendert und alles konstant bleibt, waere das theoretisch moeglich. Die Wahrscheinlichkeit dafuer ist aber wirklich gering, zB wird die EZB nicht 5y lang assets kaufen.
CDS: Vereinfacht gesagt: Jaehrliche Riskoprämie der Emittentin. Habe mir den subordinated bond nicht genau angeschaut, aber bei RWE sollte dieser Unterschied vom Gefuehl her groesser sein.
Sonst: Anleihen in EUR die nicht allzu lange laufen werden nicht viel bezahlen und relativ gesehen sogar viel zu wenig. Unterschaetze das Kreditrisiko nicht.
Viele grüsse
T
Ok, sorry wollte nicht verwirren.
Hoffe jetzt etwas klären zu koennen:
5y = 5 Jahre. Das sind die idR liquidisten Credit default Swaps auf Eurobonds. Swap bedeutet dass du Geld gegen eine Versicherung tauscht, d.h. du bezahlst per annum 300 Basispunkte des Betrages den du versichern möchtest für 5 Jahre. Da es leider nicht möglich ist ein Kreditrisiko (Bond) zu kaufen, gleichzeitig zu versichern und immer noch mehr Geld zu verdienen als der Risikofreiezins (von mir auch Referenzzins genannt) kann man sagen dass der CDS die Risikoprämie ist die die Emittentin p.a. bezahlen muss.
Ich habe aufgeführt, dass die RWE auf 60 Jahre eine Risikoprämie in Höhe von 300bp bezahlt und das auch einen Nachrang Bond, wobei allerdings der 5 Jahres CDS der RWE ca. 83bp (aus Erinnerung) ist, das bedeutet dass der Unterschied nur 217bp sind. Das ist meines Erachtens nach zu wenig.
Grüsse
T
Hallo @aktienmausi,
also ich habe erst mal nicht auf Deine Frage geantwortet weil ich selbst nur wenig Erfahrung mit Anleihen habe und wie uns @T1704 eindrucksvoll bewiesen hat kann man sich in das Thema so stark reinarbeiten das ein Laie quasi kaum noch ein Wort versteht.
Ich habe das Thema für mich selber etwas einfach runter gebrochen und möchte mit Dir immerhin meine Überlegungen teilen.
Generell sind Anleihen ja endfällige Kredite für die die Zinshöhe und Zeitpunkt der Zahlungen schon fest steht. Das war für mich erst mal spannend, den das weiß man genau was man bekommt. Allerdings ist mir schnell klar geworden das es so einfach dann doch nicht ist.
Würde ich der Firma XYZ bzw. Land XYZ direkt einen Kredit geben (Du kaufst die Anleihe direkt von der Firma bzw. dem Land) würde das in etwa so ablaufen: Die zahlen z.B. alle 12 Monate die vereinbarten Zinsen aus und am Ende der Laufzeit bekomme ich die Kreditsumme wieder zurück. Das Risiko ist halt das die pleite gehen und ich deshalb mein Geld nicht mehr wieder bekomme, bzw. nur einen Teil davon.
Jetzt kauf man Anleihen ja ganz gerne an der Börse und da kommen dann eben noch Aufschläge bzw. Abschläge (die Kurse) mit ins Spiel. Ein Kurs von 100 bedeutet ja Du kaufst zum gleichen Preis wie der Kreditbetrag ist. Ist der Kurs über 100 musst Du mehr für das Papier zahlen als der Kreditbetrag beträgt und ist der Kurs unter 100 bekommst Du das Papier entsprechend billiger.
Die Frage ist nun wieso sollte ich mehr zahlen wie das Papier wert ist? Na z.B. weil die Zinsen der Anleihe höher sind als man Heute bei neuen Anleihen noch bekommen würde. Dieses mehr an Zinsen wird in den Wert den Anleihe rein gerechnet.
Und wieso sollte es Rabatt geben? Z.B. weil die Gefahr besteht das die Firma bzw. das Land das Geld nicht mehr zurückzahlen kann. Oder eben weil die allgemeinen Zinsen steigen und deshalb das Papier mit den niedrigen Zinsen weniger attraktiv ist.
Und genau damit solltest Du meiner Ansicht nach mit Deinen Überlegungen beginnen. Bis zum Ende behalten macht halt nur Sinn wenn Du sicher bist das Du auch ausbezahlt wirst. Möchtest Du wetten das es die RWE in 60 Jahren ganz sicher nicht pleite geht? Und bist Du sicher das Du das Geld nicht vorher wieder haben willst? Bei der Ungarn Anleihe musst Du 9% Aufschlag zahlen. Wenn Du auf das Laufzeitende wartest bekommst Du halt etwa 8,3% weniger als Du eingesetzt hast. Was bleibt dann von den Zinsen übrig die Du vorher bekommen hast? So viel zu 1.).
Zur 2.) ... Der Stop Loss ist tatsächlich sinnlos wenn Du die Anleihe behalten willst. Aber was ist wenn der Firma plötzlich pleite droht? Mit einem Stop Loss hättest immerhin die Chance noch irgendwas zu retten wenn die Papiere noch zu einem halbwegs brauchbaren Kurs los wirst. "Trailing" finde in ich so einem Fall übrigens Quatsch.
zur 3.) ... Und auch hier kommt es wohl drauf an was Du erwartest und was Du tun willst. Wenn die allgemeinen Zinsen wieder steigen (diese sind z.Zt. ja eher niedrig) darf man davon ausgehen das die Anleihenkurse sinken. Hältst die Papiere bis zum Laufzeitende ist auch das nicht interessant. Interessant ist nur auf beim aktuellen Kurs genug Rendite für Dich raus springt. Wenn Du das Papier 60 Jahre halten musst damit Deine Rechnung auf geht empfinde ich das als gefährlich. Willst Du die Anleihe dann doch früher verkaufen können die Verkaufskurse dann ungünstig sein wenn die Zinsen zwischenzeitlich wieder gestiegen sind.
Sorry, war jetzt viel Text, aber ich hoffe es hat Dir bisschen geholfen.
Gruß
Myrddin
Nachtrag: Mit Swaps/Floater kenne ich mich übrigens gar nicht aus. MIR wär das bei der RWE-Anleihe auch garnicht aufgefallen. 😕