Börsengang des Musikstreaming-Dienstes Spotify! Wir nennen Ihnen 5 Gründe, warum sich der First-Mover-Effekt in heiße Luft auflösen könnte.
Der Musikstreamer Spotify geht am 3. April 2018 an die New York Stock Exchange. Seit Langem war der Börsengang mit Spannung erwartet worden. Anleger versprechen sich vom First Mover-Effekt eine ähnlich rasante Performance der Spotify-Aktie wie bei den Papieren von Netflix.
Spotify-CEO Daniel Ek (Quelle: Spotify)
Statt eines normalen IPO (Initial Public Offering) hat sich das Unternehmen für eine Direktplatzierung (DPO, Direct Public Offering) entschieden. Hier können Aktionäre wie Gründer, frühe Investoren oder Mitarbeiter ihre Aktien anbieten. Konsortialbanken, die den Ausgabekurs festlegen und ausgewählten Anlegern vor dem Börsengang die Aktie in Roadshows anbieten, hat das Unternehmen aus Gründen der Sparsamkeit nicht beauftragt.
Trotz aller Euphorie sollten Sie vor dem Kauf auf folgende 5 Knackpunkte achten:
1. Unabsehbarer Kursverlauf am ersten Handelstag
Da keine neuen Aktien, sondern nur Papiere bestehender Aktionäre in den Handel kommen, könnte die Stückzahl für einen durchgängigen Handel nicht ausreichen.
Zudem kommt auch kein Kurs zustande, wenn Verkaufs- und Kaufkurse zu weit auseinander liegen. Auch dürfte der Kursverlauf der Spotify-Aktie am ersten Handelstag unter – etwaigen negativen – Einflüssen des Gesamtmarkts stehen. Schließlich fehlen Emissionsbanken, die die Aktie in den ersten Börsentagen stützen, falls es zu erratischen Kursschwankungen oder gar keinem Handel kommt.
2. Beinharter Konkurrenzkampf
Spotify ist zwar die Nummer eins im Musik-Streaming-Geschäft. Doch hat sich inzwischen Apple Music seit 2015 mit 36 Millionen zahlenden Kunden zu Spotifys schärfstem Konkurrenten gemausert. Analysten erwarten, dass Apple in den USA bereits im Jahr 2018 Spotify einholt. Weitere Konkurrenten für Spotify sind Google, Amazon sowie die Dienste Soundcloud und Deezer aus Deutschland und Frankreich.
Großes Aufholpotenzial billigen Analysten Apple und Amazon zu, da diese ihre Streaming-Dienste mit den eigenen Lautsprechern Homepod und Echo 2 vertreiben. Spotify scheint zwar eigene Audio-Hardware ins Auge zu fassen, wie es aktuelle Stellenangebote für Hardware-Entwickler nahelegen. Doch wird es bis zur Marktreife der Hardware noch dauern.
Desktop-Ansicht des Streaming-Diensts (Quelle: Spotify)
3. Jahrelange Verluste trotz rasantem Umsatzwachstums
Spotifys 71 Millionen zahlende Mitglieder generierten im vergangenen Jahr einen Umsatz von 4,1 Milliarden Euro. 2016 und 2015 lagen die Umsätze bei 2,95 und 1,94 Milliarden Euro. Gleichzeitig schossen die Verluste 2017 auf 1,24 Milliarden Euro hoch, nach 539 Millionen Euro im Vorjahr und 230 Millionen Euro in 2015.
Zwar beruht der Verlust von 2017 großteils auf Buchhaltungs-Effekten einer Milliarden-Finanzierung in 2016. Trotzdem stieg der operative Verlust von 349 auf 378 Millionen Euro. Der Verlust beruht hauptsächlich auf 88 Millionen Nutzern, die die kostenlose Version des Streaming-Dienstes nutzen. Deren Gegenfinanzierung durch Werbeeinnahmen trug lediglich 10 Prozent zum Umsatz bei.
4. Limitiertes Gewinnpotenzial
Spotifys Geschäftsmodell muss sich erst noch beweisen. Doch bleibt nur wenig Potenzial für Gewinnwachstum, weil
- mehr als 70 Prozent der Einnahmen an Musiklabels fließen. Bei jedem Abspielen eines Songs bekommen diese von Spotify etwa einen halben Cent. Diese Kosten erhöhen sich bei steigender Nutzerzahl und Nutzungshäufigkeit
- der Gewinn pro zahlendem Nutzer kaum steigen wird, solange Spotify weiterhin massiv einen Familienrabatt bewirbt. Zudem steigt die Zahl der Minuten, die Nutzer pro Monat beim Streaming verbringen. Bereits 2017 ist deshalb der Gewinn um 14 Prozent auf 5,32 Euro gesunken. Angesichts starker Konkurrenz von Apple und Amazon dürften sich zudem Preiserhöhungen kaum durchsetzen lassen
- eine Klage des Wixen Music Publishing Verlages über mindestens 1,6 Milliarden Dollar Schadenersatz wegen unerlaubter Verwendung tausender Lieder die Kosten hochtreiben könnte
- infolge des Verzichts auf die Ausgabe neuer Aktien kein frisches Kapital für die Finanzierung von Wachstumsstrategien zur Verfügung steht
5. Fehlende Bewertung der Spotify-Aktie
Laut Bloomberg führte in den vergangenen Jahren ein lebhafter OTC Handel bei Spotify zu einer Bewertung von etwa 20 Milliarden US-Dollar. Analysten taxieren Spotify, mit seinen derzeit 71 Mio. zahlenden Abonnenten in 61 Ländern auf eine Marktkapitalisierung von bis zu 23,4 Milliarden Dollar – pro Abonnent somit auf etwa 330 Dollar. Der Börsenprospekt erwähnt private Aktienverkäufe im laufenden Jahr von 90 und 132 Dollar pro Stück, die insgesamt dazu führten, dass das Unternehmen mit etwa 23 Milliarden Dollar zu bewerten sei. Jedoch seien diese Verkäufe weder verbindlich noch könnten sie als Indikator für die Kursentwicklung an der Börse dienen, so die Aussagen Spotifys im Börsenprospekt.
Ohne Ausgabekurs können Anleger nicht die Bewertung durch eine Peergroup-Analyse überprüfen. Ob die Angaben des Börsenprospekts für eine Aktienbewertung nach dem Discounted-Cash Flow-(DCF-)Verfahren reichen, ist fraglich.
Wie sollten Anleger vorgehen?
Die tatsächliche Bewertung der Spotify-Aktie durch die Börse dürfte sich frühestens Tage oder Wochen später herauskristallisieren. Insofern macht es Sinn, mit dem Einstieg abzuwarten. Risikofreudige Anleger sollten nur ein Drittel ihres geplanten Investitionsbetrages anlegen, um bei steigenden Kursen dabei zu sein. Nach der Erstnotiz sollten sie sich mit einer Stop-Loss-Order gegen fallende Kurse absichern.
Spotify wird seine Aktien an der New York Stock Exchange (NYSE) zum Handel zulassen. Käufe und Verkäufe sind damit voraussichtlich ab 3. April über den Börsenplatz NYSE in US-Dollar möglich. Ob es auch einen liquiden Handel der Aktien an deutschen Handelsplätzen, z.B. bei Tradegate, geben wird, ist noch nicht sicher.
Fazit:
- Spotify-Börsengang: Viele hoffen darauf, dass die Spotify-Aktie die nächste Netflix wird
- Frühestens einige Tage oder Wochen später dürften sich klare Kurstrends herauskristallisieren
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