In Sachen Konjunktur stehen die Zeichen grundsätzlich auf Grün. Nach der Corona-Pandemie fasst die Wirtschaft in den Industrieländern wieder Fuß. Doch seit einigen Monaten tut sich ein neues Problem auf: Knappheit und deutlich steigende Preise bei diversen Rohstoffen und Gütern. Wir beleuchten für Sie die aktuelle Situation, die Ursachen und die Handlungsoptionen für Anlegende.
Begehrt: Industriemetalle, Kunststoffe, Halbleiter, Öl
Der Preis für Aluminium zog beispielsweise seit Jahresanfang um rund 32 Prozent an, der von Kupfer um 22 Prozent. Auch beim Öl zeigte der Trend im gleichen Zeitraum deutlich nach oben: Die Sorte Brent stieg um rund 34 Prozent, die Sorte WTI um 39 Prozent, jeweils in US-Dollar (Stand 16. August 2021).
Unternehmen berichten darüber hinaus von Lieferschwierigkeiten bei Kunststoffen und Halbleitern. Bei Letzteren ist die Lage besonders kritisch, von einer regelrechten „Chipkrise“ ist die Rede. Eine Folge: Zahlreiche Autohersteller konnten und können deutlich weniger Fahrzeuge produzieren als nachgefragt werden. Die Branchenzeitung „Automobil Produktion“ hat sogar einen Ticker zum Thema Chip-Engpässe eingerichtet.
Gewendet hat sich die Situation inzwischen allerdings beim Holz. Dessen Preis in US-Dollar stieg seit Jahresanfang bis Anfang Mai um rund 93 Prozent. Dies resultierte auch in einer hohen Nachfrage nach deutschem Exportholz – zum Unmut einheimischer Nachfrager. Rufe nach einem Exportstopp wurden laut, beispielsweise aus den Reihen der SPD-Fraktion im Bundestag. Inzwischen sieht die Lage allerdings vollkommen anders aus: Nach seinem Hoch Anfang Mai stürzte der Holzpreis steil ab: Derzeit steht er im Jahresverlauf rund 46 Prozent niedriger (Stand 16. Juli 2021).
Was sind die vermuteten Ursachen des Preisanstiegs?
Während der Corona-Pandemie wurden weltweit die Produktionskapazitäten und Fördermengen heruntergefahren. Jetzt zieht die Wirtschaft, vor allem in den USA und China, wieder stark an. Die Folge: Die Rohstoffproduzenten können die plötzlich steigende Nachfrage nicht befriedigen. In der Autoindustrie gab es Produktionsstopps während der Corona-Krise. In dieser Zeit haben sich Chiphersteller teilweise neu ausgerichtet, sodass jetzt nicht genügend Kapazitäten vorhanden sind. Hinzu kommt eine allgemein hohe Nachfrage nach Chips, auch schon vor Corona. Dazu gesellen sich weitere Faktoren, die die Knappheit an Rohstoffen und Gütern verschärfen. Dazu zählen ein Anstieg der Frachtpreise und ein Mangel an verfügbaren Überseecontainern. Aufgrund der Verwerfungen beim globalen Handel sammelten sich diese beispielsweise in den USA an, während sie in Asien knapp sind.
Welche Chancen ergeben sich daraus für Anlegende?
Wer von einem anhaltenden Aufwärtstrend ausgeht, kann beispielsweise in die Aktien von Rohstoffunternehmen investieren. Steigen die Rohstoffpreise in Relation zu den Förderkosten, schlägt sich das in den Gewinnen und potenziell in den Kursen nieder. Eine Alternative zur Anlage in Einzelaktien sind ETFs und aktiv gemanagte Fonds. Aufgrund der internen Diversifizierung sind sie tendenziell mit weniger Risiko behaftet als Einzelwerte. Bei der Halbleiterbranche kommt ebenso eine Anlage in Einzelwerte oder Fonds in Betracht.
Eine weitere Möglichkeit stellen Zertifikate dar, die eine direkte Partizipation an der Preisentwicklung der Rohstoffe erlauben. Dabei locken bei manchen Rohstoffen zusätzliche Rollgewinne aufgrund der sogenannten Backwardation: In solchen Fällen notieren aufgrund der hohen Nachfrage die Futures-Kontrakte mit den nächsten Fälligkeitsterminen höher als die länger laufenden. Weil die Emittenten die Zertifikate zu ihrer Absicherung am Terminmarkt nachbilden und beim Auslaufen eines Kontrakts den nächsten kaufen, wirkt sich dies positiv auf die Preisentwicklung der Zertifikate aus.
Welche Risiken bergen Investitionen im Rohstoffsektor?
Abgesehen von den speziellen Risiken bei Zertifikaten zeigt das Beispiel Holz sehr eindrücklich: Auch eine Aufwärtsbewegung, die unaufhaltsam scheint, kann von einem Moment auf den anderen drehen. Wer im Mai bei Holz eingestiegen wäre, säße jetzt auf einem satten Verlust. Zudem kann sich eine eventuelle Backwardation bei Rohstoffen wieder in einen Contango umkehren, sobald die Nachfrage nachlässt. Dies stellt die Normalsituation bei Futures auf Rohstoffe dar: Aufgrund der Lagerkosten notieren die kurzlaufenden Kontrakte niedriger als die länger laufenden. Dies führt beim fortlaufenden Rollen von einem Kontrakt in den nächsten zu Verlusten, die sich im auch im Zertifikatspreis niederschlagen.
Bei der Anlage in Einzelaktien kommt dazu das Risiko, dass sich diese nicht wie erwartet mit dem übergeordneten Trend entwickeln. Mit ETFs und Fonds lässt sich dieses Risiko verringern, gegen eine allgemein negative Entwicklung sind auch diese nicht gefeit.
Grundsätzlich gilt bei Investitionen in den Rohstoffsektor das Gleiche wie anderen Anlagen: Setzen Sie nie alles auf eine Karte und streuen Sie das Risiko. Idealerweise machen solche spekulativen Investments nur einen kleinen Teil Ihres gesamten Portfolios aus.
Gehen Sie von einem weiteren Rohstoff- und Halbleiter-Boom aus oder glauben Sie, dass er Höhepunkt schon überschritten ist? Wir freuen uns, wenn Sie uns Ihre Einschätzung in einem Kommentar mitteilen!
Fazit
- Industriemetalle, Kunststoffe, Halbleiter, Öl erlebten seit Beginn des Jahres extreme Preisanstiege.
- In der Automobilbranche fehlen wichtig Chips, was die Produktion teilweise lähmt.
- Grundsätzlich besteht die Möglichkeit mit Branchen-Aktien, -Fonds, und -ETFs sowie Rohstoffzertifikaten von der Entwicklung zu profitieren.
- Der steile Absturz des Holzpreises seit Mai zeigt allerdings das potenziell hohe Risiko bei spekulativen Rohstoff-Investments.