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Diese neuen Regeln gelten bei der Verlustverrechnung

10.01.2024 11:06

Besonders aktive Anleger, die auf Produkte wie CFDs, Futures oder Optionen setzen, müssen sich auf neue Beschränkungen bei der Verlustverrechnung einstellen. Aber nicht nur Anleger in solchen Produkten könnten von teilweise erheblichen Änderungen betroffen sein.

 

Verlustverrechnung-Blog.png

 

Was ist ein Termingeschäft? Diese eher harmlos klingende Frage hat aktuell eine besondere Brisanz. Der Grund: Nachdem der Bundesrat den entsprechenden Änderungen des Einkommensteuergesetzes noch Ende 2020 zugestimmt hat, sind neue Regeln für die Verlustverrechnung grundsätzlich beschlossen. Betroffen sind Sie, wenn Sie bei Ihren Kapitalanlagen Totalverluste einstecken müssen oder Verluste in Termingeschäften verbuchen – und die Verluste steuerlich mit Gewinnen verrechnen wollen. Insbesondere bei Termingeschäften wird das nun erheblich schwieriger.

 


Was noch offen ist

 

Das offizielle Schreiben des Bundesfinanzministeriums, in dem die Anwendung der neuen Regeln genauer erläutert wird, stand Ende Februar noch aus. Als Termingeschäfte werden nach Einschätzung von Experten recht sicher CFDs und Eurex-Produkte wie Futures und Optionen eingestuft. Welche Produkte ansonsten möglicherweise unter die neue Regelung fallen, steht noch nicht endgültig fest. Möglicherweise sind auch Optionsscheine oder Knock-out-Zertifikate betroffen.

 

 

Was schon feststeht

 

Bei Termingeschäften ist die Verrechnung mit Gewinnen nun auf maximal 20.000 Euro pro Jahr begrenzt. Außerdem können Sie Verluste in diesen Geschäften nur noch mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnen. Das gilt ab 2021.

 

Die Änderung kann die steuerliche Bemessungsgrundlage erheblich beeinflussen. Dafür zwei schematische Rechenbeispiele:

Beispiel 1

Gewinne aus Termingeschäften: 100.000 Euro

Verluste aus Termingeschäften: 70.000 Euro  
im Saldo: 30.000 Euro Gewinn

Deckelung der Verlustverrechnung bei: 20.000 Euro
           

Neue Bemessungsgrundlage:

100.000

- 20.000

= 80.000 Euro zu versteuern                                     

 

Cb_Verlustver_1.jpg

 

Beispiel 2

Gewinne aus Termingeschäften: 70.000 Euro

Verluste aus Termingeschäften: 100.000 Euro
im Saldo: 30.000 Euro Verlust

Deckelung der Verlustverrechnung bei: 20.000 Euro


Neue Bemessungsgrundlage:

70.000
- 20.000
= 50.000 Euro zu versteuern

 

Cb_Verlustver_2.jpg

 

Die Beispiele zeigen: Wer hohe Verluste mit hohen Gewinnen verrechnen will, ist nun steuerlich erheblich im Nachteil. Nach alter Regelung ohne Beschränkung wären beim beispielhaften Gewinn-Saldo lediglich 30.000 Euro zu versteuern gewesen, beim beispielhaften Verlust-Saldo wären gar keine Steuern angefallen. Die Verluste, die über 20.000 Euro hinausgehen, können zwar in das Folgejahr verschoben werden – aber eben jährlich nur im Umfang von 20.000 Euro verrechnet werden. 

 

 

Verrechnungsgrenze bei Totalverlusten erhöht

 

Schon 2020 war die Verrechnung von Verlusten aus wertlos gewordenen Wirtschaftsgütern gedeckelt. Hieß es zunächst, die Beschränkung liege bei 10.000 Euro, sind es nun 20.000 Euro pro Jahr. Bereits für 2020 angefallene Totalverluste gilt demnach: Die steuerliche Verrechnung mit Gewinnen ist in dieser Höhe begrenzt. Wenn die Summe Ihrer Totalverluste darüber hinausgeht, können Sie diese zwar in das folgende Jahr vortragen. Doch auch dann gilt wieder die Beschränkung auf 20.000 Euro pro Jahr. Ausgenommen von der Regelung sind lediglich bestandsgeschützte Altanteile, also Wertpapiere, die vor dem 1.1.2009 gekauft wurden.


Die neuen Regeln:

 

Verluste bei …

dürfen verrechnet werden mit Gewinnen aus …

begrenzt auf maximal …     

ab dem Jahr …

Kapitalanlagen, die wertlos verfallen

sämtlichen Einkünften aus Kapitalvermögen

20.000 Euro p.a.

2020

Termingeschäften

Termingeschäften

20.000 Euro p.a.

2021


Verrechnung nur noch über die Steuererklärung

 

Eine beschränkte Verlustverrechnung gilt für Totalverluste schon seit 2020. Dazu kommt nun, dass Anleger die Verrechnung von Totalverlusten über die Steuererklärung selbst erledigen müssen. Seit dem 1. Januar 2021 werden deshalb Totalverluste, zum Beispiel aus verfallenen Optionen, Optionsscheinen oder Zertifikaten, nicht mehr in die Verrechnungstöpfe eingestellt.

 

Auch bei Termingeschäften müssen sich Anleger um die steuerliche Verrechnung etwaiger Verluste mit Gewinnen nun eigenständig kümmern und sollten die Höhe der Verluste daher genau im Blick behalten. Das gilt besonders im Übergangsjahr 2021. Denn bis Jahresende haben die Banken Zeit, ihre Systeme an die neuen Regeln anzupassen. Das bedeutet: Im Jahr 2021 gelten schon die neuen Regeln. In Ihrem Verlustverrechnungstopf werden aber noch nicht alle Details entsprechend  abgebildet.

 

 

Die Umstellung in der Übersicht

 

Januar 2021:

  • Ihre Totalverluste, zum Beispiel aus verfallenen Optionen, Optionsscheinen oder Zertifikaten, sehen Sie nicht mehr in den Verlustverrechnungstöpfen. Sie müssen solche Totalverluste gegebenenfalls über die Steuererklärung verrechnen und dafür die Erträgnisaufstellung oder Einzelgeschäftsabrechnungen heranziehen.

 

Im Laufe des Jahres 2021:

  • Verluste aus Termingeschäften sehen Sie vorerst weiterhin im allgemeinen Verlustverrechnungstopf.
    Erst wenn das Bundesfinanzministerium die Details zu den Regeln bekannt gibt, können wir unsere Systeme auf die neuen Regeln einstellen.
  • Die Regeln gelten für Anleger aber schon im ganzen Jahr 2021. Um keine bösen Überraschungen zu erleben, sollten Sie also Verluste in allen Geschäften genau überwachen, die von den Regeln betroffen sein können.

 

2022:

  • Verluste aus Termingeschäften werden spätestens 2022 nicht mehr in die Verrechnungstöpfe eingestellt.
  • Sie müssen auch Ihre Verluste in Termingeschäften über die Steuererklärung mit Gewinnen verrechnen und für das Steuerjahr 2021 die Erträgnisaufstellung oder Einzelgeschäftsabrechnungen nutzen.

 

 

Facts (1).png

 

  • Besonders wenn Sie CFDs oder Eurex-Produkte wie Futures und Optionen handeln, sollten Sie die Höhe der Verluste selbst genau dokumentieren. Das gilt gerade, wenn Sie betroffene Produkte in Depots bei verschiedenen Banken halten, denn die Verrechnungsbegrenzung für Termingeschäfte gilt depotübergreifend.
  • Wenn Sie bei solchen Geschäften Verluste über der Grenze von 20.000 Euro nicht ausschließen können: Prüfen Sie, ob Sie alternativ auf vergleichbare Produkte setzen können, die nicht unter die Neuregelung fallen.
  • Wenn Sie Optionsscheine oder Knock-out-Zertifikate handeln, sollten Sie sich über die Entscheidung zu den Details der neuen Regeln auf dem Laufenden halten.

 

 

Dieser Artikel ersetzt keine Steuerberatung. Er klärt lediglich allgemein über steuerliche Themen auf. Die Redaktion übernimmt keine Gewähr oder Haftung für die Vollständigkeit, Aktualität und Richtigkeit der Inhalte.

 

 

 

🖊 Übrigens: Wir haben diesen Blogartikel am 01.03.2021 veröffentlicht. Das Datum wird bei Änderungen automatisch aktualisiert – lediglich die Formatierung haben wir nachträglich für Sie optimiert und zusätzlich ein Inhaltsverzeichnis ergänzt.

 

19 Kommentare

Autorität

(...) Im Endeffekt passiert Folgendes: (...)

@Suedend :

Deine Schlussfolgerung trifft weder auf gut noch auf schlecht informierte Trader zu:

Ein im Verlustverrechnungstopf landender Verlust, egal mit welcher WP-Gattung er verursacht wurde, führt zu keiner Steuerschuld, die zu begleichen wäre, sondern allenfalls zu einer Erhöhung des Verlustvortrags im jeweils zuständigen Verrechnungstopf.

 

Dass die Lobby der Zertifikate-Industrie bei dieser steuerlichen Neuregelung multiples Organversagen bewiesen hat, steht auf einem anderen Blatt. Ob der frische BMF-Chef das Thema auf seiner Agenda hat oder es auf sie nimmt? Wer weiß.


Regelmäßiger Autor

@stocksour, ich hoffe Du hast recht.

Bisher bin ich davon ausgegangen, dass bei normalen Optionsscheinen oder KO-Optionsscheinen, maximal 20.000,- € Verlust mit Gewinnen verrechnet werden können und das auch erst bei der Steuererklärung. Ich habe diese Gesetzesänderung wie folgt interpretiert:

 

Als Beispiel nahm ich ab/für 2022 an: 120.000,- € Gewinn, 90.000,- € Verlust bedeuten, dass man 100.000,- € versteuern muss und 70.000,- € Verlust in das nächste Jahr übertragen kann. Im Normalfall (alte Regelung) wären ja nur 30.000,- € zu versteuern. Ich nahm an, dass man nun (bei rd. 30% Kest, Soli, Kirchensteuer) also 30.000,- € zahlen muss, statt den üblichen 9.000,- €. Also nahm ich an, dass von den 30.000,- € Buchgewinn dann nichts mehr übrig bleibt und sogar bei einem Verlust über mehr als 90.000,- € bei gleichem Gewinn, dann sogar noch mehr Abzüge hat, und somit mehr Steuern zahlt als Gewinn da ist.

 

Ist das denn wirklich nicht so? Wie sieht denn die Rechnung bei den genannten Zahlen für 2022 aus?

 

Viele Grüße

Suedend


Aufsteiger

Hallo zusammen,

 

Ich möchte an der Stelle kurz meinen Wissensstand zu dem Thema KOs teilen.

 

Der Punkt des Totalverlusts bei Knock-Out Zertifikaten ist ein steuerlich brisantes Thema, mit dem ich mich tiefergreifend beschäftigt habe. (Quellenangaben siehe unten)

Zunächst muss man nach meinem Dafürhalten unterscheiden zwischen:

 

  1. Totalverlust (genullte Scheine ohne Rückzahlung) und
  2. Rückzahlung von ausgeknockten-Zertifikaten zum symbolischen Preis von 0,001,-

Meines Erachtens gilt für (2) die Regel der Grenze von 20.000,- nicht, sondern kann im Falle von Verlusten unbegrenzt gegen Gewinne via dem Verrechnungstopf aufgerechnet werden. Viele KO-Zertifikate haben diese Rückzahlung zum symbolischen Wert von 0,001,- pro Schein integriert.

Die Transaktionskosten sind nach meinem Wissen in diesem Falle 0,-, so dass die Transaktionskosten den Veräußerungspreis nicht übersteigen, denn dies wäre wiederum steuerrechtlich kritisch.

 

Es sollten zu dem genannten Thema vmtl. auch noch gerichtliche Prozesse laufen/geführt werden, in deren Rahmen Richtungsentscheidungen zu erwarten sind. Es kann sehr gut sein, dass die aktuelle Gemengelage gegen das Nettoprinzip (Art. 2 GG) verstößt. Hierzu ist es ratsam, im Falle von Steuerbescheiden mit Verweis auf die Prozesse zunächst zu widerspreche, sollte dies ein Thema sein. So sichert man sich eine Handlungsoption in der Zukunft.

 

Als Workaround ist es z.B. auch möglich, Stop-Loss order zu setzen, bevor der Schein ausgeknockt wird. Hier sollten allerdings die Transaktionskosten berücksichtigt werden, die fällig werden könnten. Diese sollten womöglich den Veräußerungspreis nicht übersteigen.

Was also tun?

  • Bei KOs in jedem Fall prüfen, ob eine Rückzahlung zum symbolischen Preis von 0,001,- erfolgt
  • Mit der Bank klären, wie aktuell mit symbolischen Preis im Verrechnungstopf verfahren wird
  • Ggf. Stop-Loss setzen (hier müsste wahrscheinlich auf die Transaktionskosten geachtet werden)
  • Bei Problemen im Steuerbescheid Widerspruch mit Verweis auf anhängige Verfahren anbringen

Ich würde mich freuen, in dem obigen Text korrigiert zu werden, sofern Angaben nicht stimmen oder passen sollten.

 

Quellenangaben:

https://www.brainguide.de/upload/publication/df/2e6g2/df0d3d84351268400423359ad37e8d6d_1462883079.pd...

https://www.ey.com/de_de/tax/die-crux-mit-der-neuen-verlustverrechnung

https://www.handelsblatt.com/finanzen/steuern-recht/steuern/aktien-optionsscheine-zertifikate-vorsic...