„Home Sweet Home“, was bei der Rückkehr von einer Reise gelten mag, ist an der Börse nicht unbedingt das beste Motto. Denn wer sich bei der Geldanlage nur auf den Heimatmarkt konzentriert, geht unnötige Risiken ein und verpasst eventuell Renditechancen, die Aktien aus anderen Regionen bieten.
Mehrheit deutscher Anlegenden investiert in deutsche Aktien
Trotzdem halten Anlegende in Deutschland bei ihren Investments in Aktien den heimischen Unternehmen weiterhin die Treue. Zu diesem annähernd repräsentativen Ergebnis kommt eine aktuelle Auswertung der rund 1,6 Millionen Depots privater Kundinnen und Kunden der Consorsbank. Ende des ersten Halbjahres 2023 entfielen demnach 50,60 % des Anlagevolumens in Aktien im Bestand privater Anlegerinnen und Anleger auf Titel deutscher Unternehmen.
Eine Erklärung für diese „Home-Bias-Effekt“ genannte Fokussierung auf Aktien aus Deutschland ist das Gefühl der Anlegenden, mit heimischen Unternehmen vertrauter zu sein. Doch nur den Namen eines Unternehmens sowie dessen Produkte oder Dienstleistungen zu kennen, bedeutet noch nicht, dass man auch dessen Geschäftsperspektiven besser einschätzen kann. Das mag für Personen zutreffen, die in den betreffenden Firmen arbeiten und Einblick in die Geschäftslage haben. Alle anderen Anlegenden müssen sich bei heimischen Firmen genauso detailliert über das Geschäftsmodell und die Aussichten informieren, wie bei Unternehmen aus anderen Ländern.
Klumpenrisiko durch Home Bias
Der Blick über den Tellerrand ist in mehrfacher Hinsicht sinnvoll. Zum einen können so Aktien ausländischer Unternehmen gefunden werden, die eventuell eine günstigere Bewertung oder höheres Wachstumspotenzial aufweisen. Man denke nur an die Technologieunternehmen in den USA und den Bereich der Künstlichen Intelligenz.
Zum anderen entsteht durch die Konzentration auf heimische Unternehmen ein Klumpenrisiko im Depot. Als solches bezeichnet man das Risiko, dass einzelne Anlageprodukte oder auch Anlageregionen einen derart hohen Anteil haben, dass diese die Gesamtentwicklung des Depots maßgeblich beeinflussen. So haben die vergangenen Jahre gezeigt, wie schnell sich die Geschäftsaussichten für die exportorientierte und auf günstige Rohstoffimporte angewiesene deutsche Wirtschaft durch Lieferkettenprobleme und Preisschocks eintrüben können. Die Berücksichtigung von Unternehmen aus weniger anfälligen Volkswirtschaften kann dazu beitragen dieses Risiko zu reduzieren.
Deutsche Aktien bleiben gefragt, US-Aktien holen auf
Die zu Vergleichszwecken gewählten Zeitpunkte 30. Juni 2018 und 30. Juni 2023 sowie die beiden Zeiträume 1. Halbjahr 2018 und 1. Halbjahr 2023 zeigen jedoch, dass sich die Anlegenden in den letzten fünf Jahren geöffnet haben. Der Vergleich zwischen 2018 und 2023 wurde bewusst gewählt, da in diesen Zeitraum die Corona-Krise fällt, die sehr viele neue Anlegende an die Börse gebracht hat und sich dadurch möglicherweise auch das Anlageverhalten verändert hat. 2018 lag der Anteil deutscher Unternehmen am Anlagevolumens in Aktien im Bestand privater Anlegerinnen und Anleger noch bei 61,80 %. Seither sind in den Depots zunehmend mehr Anlageregionen zu finden.
Hoch im Kurs stehen vor allem Aktien von Unternehmen aus den USA und Kanada. Deren Anteil am Anlagevolumen kletterte seit 2018 von 23,40 % auf 34,20 %. Dagegen blieb der Anteil, der in Werte von Unternehmen aus den übrigen europäischen Ländern investiert war, unverändert bei 12,70 %. Nach wie vor nur wenig Gewicht haben Aktien aus Asien und dem Rest der Welt.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den jüngsten Investitionen. Auch hier liegen Aktien deutscher Unternehmen vorn, ihr Anteil sank gegenüber 2018 jedoch auf weniger als 50,00 %. Deutlich zugenommen haben die Käufe von Aktien amerikanischer und kanadischer Unternehmen. So legten die Kunden der Consorsbank im ersten Halbjahr 2023 im Durchschnitt 6.232 Euro je Kauf in deutschen Aktien an. In US-Aktien flossen im Schnitt 4.684 Euro, in europäische Werte 3.811 Euro.
Quelle: Consorsbank, eigene Studie
Quelle: Consorsbank, eigene Studie
Was sind die begehrtesten Aktien?
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, welcher Unternehmen bei Anlegenden in Deutschland besonders gefragt sind. Wenig überraschend: Sowohl beim Anlagevolumen im Bestand, der Anzahl der Depots, in denen eine Aktie vorkommt oder dem aktuellen Kaufvolumen stellen Schwergewichte aus dem DAX wie Allianz, BASF, Mercedes-Benz oder Siemens die absolute Mehrheit. Das gilt für 2023 gleichermaßen wie für das Jahr 2018.
Doch auch hier zeigt sich der Trend zu US-Aktien. So hat sich die Anzahl der US-Aktien in der vorderen Hälfte der Rangliste der Top-40-Aktien nach Depotvolumen gegenüber 2018 mehr als verdoppelt. Die Unternehmen kommen zum überwiegenden Teil aus den Branchen Internet und Technologie. In der Rangliste der Werte, auf die im ersten Halbjahr 2023 bzw. 2018 das höchste Kaufvolumen entfiel, hat sich die Zahl der US-Titel in der vorderen Hälfte 2023 gegenüber 2018 sogar verdreifacht. Die Aktie, in die 2023 bislang am meisten investiert wurde, ist mit Tesla sogar ein US-Wert.
Warum die USA auch in Zukunft eine interessanter Anlageregion bleiben dürften und wie Sie Aktien aus aller Welt ganz einfach handeln können, erläutern die Blogbeiträge Innovation im Depot: Chancen mit US-Technologiewerten und Aktien weltweit handeln: So streuen Sie noch breiter.
Stephan Kemper, Chief Investment Strategist bei BNP Paribas erklärt im YouTube Video, weshalb wir uns bei Aktienkäufen trotz Home Bias über die eigenen Landesgrenzen hinaus umsehen sollten:
Top-40-Aktien nach Kaufvolumen
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2023
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Trend 23 vs. 18
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2018
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1
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TESLA
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DEUTSCHE BANK
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2
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ALLIANZ
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AMAZON
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3
|
DEUTSCHE BANK
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MERCEDES-BENZ
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4
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COMMERZBANK
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|
ALLIANZ
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5
|
MERCEDES-BENZ
|
|
DEUTSCHE TELEKOM
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6
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RHEINMETALL
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VOLKSWAGEN
|
7
|
VOLKSWAGEN
|
|
COMMERZBANK
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8
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BASF
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WIRECARD
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9
|
AMAZON
|
|
SIEMENS
|
10
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VONOVIA
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EVOTEC
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11
|
MICROSOFT
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LUFTHANSA
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12
|
NVIDIA
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SIEMENS HEALTHINEERS
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13
|
DEUTSCHE TELEKOM
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|
ALIBABA
|
14
|
BAYER
|
|
E.ON
|
15
|
TUI
|
|
BASF
|
16
|
APPLE
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|
RWE
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17
|
PORSCHE HOLDING
|
|
MEDIGENE
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18
|
SIEMENS
|
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ADIDAS
|
19
|
PLUG POWER
|
|
APPLE
|
20
|
DEUTSCHE POST
|
|
STEINHOFF
|
21
|
MUENCHENER RUECKVERSICHERUNG
|
|
MUENCHENER RUECKVERSICHERUNG
|
22
|
SIEMENS ENERGY
|
|
PROSIEBENSAT.1
|
23
|
ALPHABET
|
|
META PLATFORMS
|
24
|
LUFTHANSA
|
|
INFINEON
|
25
|
INFINEON
|
|
NETFLIX
|
26
|
PAYPAL
|
|
SILTRONIC
|
27
|
E.ON
|
|
DEUTSCHE POST
|
28
|
BIONTECH
|
|
SAP
|
29
|
DAIMLER TRUCK
|
|
BAYER
|
30
|
BYD
|
|
AIXTRON
|
31
|
ADIDAS
|
|
BMW
|
32
|
NEL ASA
|
|
TESLA
|
33
|
THYSSENKRUPP
|
|
RIB SOFTWARE
|
34
|
BMW
|
|
TENCENT
|
35
|
RWE
|
|
GEELY AUTOMOBILE
|
36
|
META PLATFORMS
|
|
GENERAL ELECTRIC
|
37
|
DEUTSCHE PFANDBRIEFBANK
|
|
NVIDIA
|
38
|
PORSCHE AG
|
|
COVESTRO
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39
|
LVMH
|
|
ALPHABET
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40
|
K+S
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DIALOG SEMICONDUCTOR
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Quelle: Consorsbank, eigene Studie
Stand: 1. Halbjahr 2023/2018
Legende:
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Aufstieg um mehr als 10 Plätze |
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Aufstieg |
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Abstieg |
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Abstieg um mehr als 10 Plätze |
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keine Veränderung |
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neu in Top 40 |
Zur Pressemitteilung: Aktienanlage - so deutsch sind die Depots der Deutschen
- 50 % des Anlagevolumens in Aktien deutscher Anlegender entfällt laut einer Auswertung der Consorsbank-Depots auf heimische Unternehmen
- Anteil der Aktien von US-Unternehmen steigt signifikant
- Aktien aus aller Welt zu kaufen hilft, das Klumpenrisiko zu reduzieren
🖊 Übrigens: Wir haben diesen Blogartikel am 28.09.2023 veröffentlicht. Das Datum wird bei Änderungen automatisch aktualisiert – lediglich die Formatierung haben wir nachträglich für Sie optimiert und zusätzlich ein Inhaltsverzeichnis ergänzt.