Unter einem „Initial Public Offering“ – kurz IPO – versteht man den Börsengang eines Unternehmens, das zuvor noch nicht an einer Börse notiert war. Mit dem „ersten öffentlichen Angebot“ ist es für alle Anlegenden grundsätzlich möglich, über die Börse in die jeweiligen Aktien zu investieren. Den Unternehmen eröffnet ein IPO die Chance auf frisches Kapital: Ziel ist meist, das Interesse neuer Investoren auf sich zu ziehen und sich damit weitere Wachstumsmöglichkeiten zu schaffen.
Ein Börsengang ist aufwendig. Der Ablauf gliedert sich in verschiedene Phasen, die sich teilweise überlappen.
1) Vorbereitung
Zunächst prüft in der Regel ein spezialisierter Berater, ob ein Börsengang für das Unternehmen überhaupt infrage kommt – beziehungsweise welche Maßnahmen dafür erforderlich sind. Zu der Bestandsaufnahme zählen beispielsweise eine erste Bewertung des Unternehmens, aber auch der Vergleich mit Wettbewerbern und der Blick auf das potenzielle Börsenumfeld. Das Unternehmen muss unter anderem entscheiden, an welcher Börse und in welchem Marktsegment die Aktien notiert werden sollen. Schließlich gibt es teilweise erhebliche Unterschiede in den jeweiligen Anforderungen, deren Erfüllung mit Kosten verbunden ist. Unter Umständen muss das Unternehmen erstmal in eine börsenfähige Rechtsform gebracht werden (AG, KGaA, SE) oder für das jeweilige Marktsegment geltende Standards zur Rechnungslegung einführen. Was die Anforderungen betrifft, stellt der Prime Standard der Deutschen Börse europaweit das Segment mit den höchsten Ansprüchen dar.
Zahl der Börsengänge im Prime Standard
2) Auswahl der Banken und Prüfung der Börsenreife
Ist die Entscheidung für einen Börsengang gefallen, wählt das Unternehmen eine oder mehrere Banken aus, um den Börsengang zu begleiten. Diese sogenannten Konsortialbanken betreuen im Anschluss alle Aspekte des Börsengangs. Sind mehrere Banken beteiligt, übernimmt eine als Konsortialführer die Leitungs- und Verwaltungsaufgaben. Dazu gehört auch die Beauftragung der sogenannten Due-Dilligence-Prüfung. Bei dieser werden wichtige wirtschaftliche und rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit dem Börsengang genauer unter die Lupe genommen und dokumentiert. Die Ergebnisse fließen in den Wertpapierprospekt ein, der für alle Anlegenden einsehbar ist. Vor seiner Veröffentlichung nimmt unter anderem die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) den Prospekt in Augenschein. Sie kontrolliert unter anderem, ob der Prospekt die geforderten Mindestangaben enthält – prüft die Angaben aber nicht noch einmal nach.
3) Preisfindung und Zeichnung
Die Preisfindung erfolgt in der heutigen Zeit meist im Bookbuilding-Verfahren. In diesem wird vor der Ausgabe von Aktien nicht gleich ein Emissionspreis festgelegt, sondern zunächst nur eine Preisspanne genannt. Während der Zeichnungsphase können potenzielle Investoren angeben, wie viele Aktien sie zu welchem Preis innerhalb der Spanne kaufen möchten. Anhand der Nachfrage wird am Ende der Zeichnungsphase der Emissionspreis bestimmt. Wer mit seinem Gebot unter dem später bestimmten Emissionspreis liegt, erhält keine Aktien. Unter allen anderen werden die Aktien aufgeteilt. Ist die Nachfrage größer als die Anzahl der ausgegebenen Aktien, spricht man von Überzeichnung. Die Aktien werden dann nach einer bestimmten Quote, dem Zuteilungsschlüssel, unter all denen aufgeteilt, die gezeichnet haben. Über die Consorsbank können Anlegende bei ausgewählten IPOs an der Zeichnungsphase teilnehmen.
Sind alle vorhergehenden Schritte abgeschlossen, wird am Tag des Börsengangs erstmals ein Kurs für die Aktie festgestellt. Dieser kann auch über oder unter dem zuvor festgelegten Emissionspreis liegen. Für Großaktionäre und institutionelle Anleger, die bereits vor dem Börsengang am Unternehmen beteiligt waren, gilt oft eine bestimmte Zeit lang eine Sperrfrist für Aktienverkäufe. In Deutschland liegt diese meist zwischen 6 und 18 Monaten. Das soll dazu beitragen, dass der Kurs nicht gleich unter Druck gerät.
Die Chancen und Risiken bei Zeichnungen
Zu den Chancen zählt:
Neu notierte Aktien bedeuten neue Perspektiven für das Depot – zum Beispiel, wenn junge Unternehmen mit großer Wachstumsdynamik an den Markt kommen.
In positiven Marktphasen steigt in den ersten Tagen nach dem Börsengang oft der Kurs. In diesem Fall lassen sich unter Umständen kurzfristig Gewinne realisieren.
Zu den Risiken gehört:
Die jungen Aktien haben noch keine Kurshistorie. So liegen Anlegenden weniger Informationen zu diesen vor als zu Aktien, die schon länger an der Börse notiert sind.
Nach anfänglichen Kurssteigerungen können junge Aktien deutlich unter ihren Ausgabepreis fallen.