Quelle: Stuttgarter AktienBrief
Die schwache Kursentwicklung von Gilead ist für viele investierte Börsianer ein Ärgernis: Gegenüber dem Hoch 2015 hat sich der Kurs bis heute in etwa halbiert. Für Neueinsteiger, die auf einen tiefen Einstieg hoffen, kommt diese Chance hingegen natürlich gelegen. Immerhin ist die Bewertung mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 9 in der heutigen Zeit sonst fast nirgends mehr zu finden. Zumindest nicht bei einem amerikanischen Qualitätstitel. Und das ist Gilead unseres Erachtens weiterhin: Der Biotechkonzern bietet viel Substanz und wird Schätzungen zufolge im kommenden Jahr rund sieben Milliarden Dollar Gewinn einfahren – der höchste Überschuss seit 2016. Nach unten sichert außerdem die hohe Dividende von deutlich über vier Prozent ab, die zudem bisher jährlich angehoben wurde. Was Gilead fehlt, ist ein neuer Wachstumstreiber. Schon mehrfach hat man in den letzten Jahren mit Zukäufen versucht, sich einen Blockbuster einzufangen. Fast 38 Milliarden Dollar wurden dafür allein seit 2017 in die größten Zukäufe investiert: 11,9 Milliarden Dollar flossen vor drei Jahren in Kite Pharma, in diesem Jahr 4,9 Milliarden in Forty-Seven und 21 Milliarden Dollar in Immunomedics. Bislang ging die Rechnung allerdings noch nicht auf. Auch die Hoffnung auf das Medikament Remdesivir, das ursprünglich gegen Ebola entwickelt worden war und nun gegen Corona helfen sollte, hat sich ziemlich zerschlagen. Letzte Woche hat man nun erneut zugegriffen und in Deutschland die Firma MYR für 1,4 Milliarden Dollar gekauft. Das Unternehmen hat das Medikament Hepcludex gegen eine eher seltene Form von Hepatitis entwickelt (Hepatitis D, die von Hepatitis B ausgelöst wird), an der aber auch rund 230.000 Menschen allein in Europa und den USA leiden. Für den europäischen Markt hat die Firma im Juli bereits grünes Licht bekommen, sodass das mit dem Kauf verbundene Risiko begrenzt scheint. Durch die Vertriebspower von Gilead und nach einer möglichen US-Zulassung sind hier tatsächlich Milliardenumsätze drin. Alles in allem stehen damit die Chancen gut, dass die Gilead-Aktie langsam aber sicher wieder Fahrt aufnimmt.