Verfrühter Jubel über US-Arbeitsmarktzahlen
Das oben genannte Terzett machte in den vergangenen Tagen den Aktienmarkt. Freitag vor einer Woche, am 5. Juni, jubelten die Finanzmärkte. Analysten rechneten damit, dass im Mai weitere 8 Millionen Menschen in den USA ihre Stelle verloren haben. Tatsächlich entstanden aber mehr als 2,5 Millionen neue Jobs. Folglich sank die Arbeitslosenrate ebenso überraschend von 14,7% auf 13,3%. So zumindest die erste Meldung der zuständigen Statistikbehörde. Mittlerweile stellte sich heraus, dass ein Zuordnungsfehler vorliegt. Die tatsächliche Arbeitslosenquote für Mai stieg auf 16,7%. Der Jubel der Märkte und der US-Regierung war also voreilig.
FED-Vorsitzender sorgt für Ernüchterung
Die Ernüchterung folgte am Mittwoch dieser Woche durch den Vorsitzenden der US-amerikanischen Zentralbank Federal Reserve, Jerome Powell. Die Fed veröffentlichte zum ersten Mal in diesem Jahr wieder eine Prognose zu Wirtschaftswachstum, Inflation und Beschäftigung in den USA. Für 2020 erwartet die Zentralbank einen Rückgang der Wirtschaftsleistung der größten Volkswirtschaft der Welt um 6,5%. Die Märkte dürfte allerdings eine andere Aussage von Powell mehr belasten. Eine Rückkehr zur alten Normalität ist so schnell nicht zu erwarten. Die Zentralbank geht davon aus, dass sie die Leitzinsen mindestens bis Ende 2022 auf dem aktuellen Niveau von 0% bis 0,25% halten wird. Darüber hinaus wird erwartet, dass weitere Maßnahmen zur geldpolitischen Lockerung notwendig sein werden, um die Wirtschaft zu stützen. Im Gespräch ist die Ausdehnung des Anleihekaufprogramms unter anderem auch auf Anleihen von Kommunen. Außerdem denkt die FED darüber nach, nicht nur für den Geldmarktzins einen Leitwert zu festzusetzen, sondern auch für die Rendite langlaufender Staatsanleihen. Sollte später die Rendite der US-Treasuries von diesem Zielwert abweichen, würde die Zentralbank durch Käufe oder Verkäufe von Staatsanleihen dafür sorgen, dass dieser Zielwert wieder erreicht wird. Aktuell praktizieren Japan und Australien dieses Instrument. In den USA kam es bereits von 1941 bis 1951 zum Einsatz. In der Konsequenz werden wohl die Anleiherenditen längerfristig unterhalb der Inflationsrate liegen. Dadurch steigt die Attraktivität von Sachwerten, wie Immobilien und Infrastruktur, sowie Aktien als Geldanlage.
Zwei Dinge lassen sich daraus ableiten. Zum einen ist es der Geldpolitik in den USA und Europa gelungen, die Kapitalmärkte liquide zu halten. Dadurch wird Unternehmen und Staaten ein Zugang zu Krediten zu günstigen Konditionen gesichert. Gleichzeitig signalisiert die US-Zentralbank, dass die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie noch lange nicht ausgestanden sein werden. Auch Ende 2022 wird die Arbeitslosenquote in den USA mit erwarteten 5,5% noch deutlich über dem Wert von 3,5% liegen, der zuletzt im Februar 2020 gemessen wurde.
EZB bereitet Bankenrettung vor
Nach Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters beschleunigt die EZB die Arbeit an einer sogenannten Bad Bank. Ein solches Vehikel soll Geschäftsbanken faule Kredite abnehmen und somit die Bilanzen und das Eigenkapital der Banken schützen. Dadurch soll mittelfristig die Kreditversorgung von der Wirtschaft sichergestellt werden. Die EZB rechnet laut Reuters mit Kreditausfällen in Höhe von mehreren 100 Mrd. Euro in Folge der Pandemie.
Tesla als Beispiel für überbordenden Optimismus
Vor diesem Hintergrund erscheint der aktuell an den meisten Börsen vorherrschende Optimismus übertrieben. Ein Blick auf die Tesla-Aktie verfestigt diese Diagnose. Am 10. Juni notierte die Aktie erstmals über der Marke von 1.000 USD und trieb damit auch den NASDAQ Composite auf ein neues Allzeithoch. Tesla ist somit gemessen an der Marktkapitalisierung allen seinen Wettbewerben wie Volkswagen, Toyota und GM meilenweilt enteilt. Betrachtet man die Zahl ausgelieferter Fahrzeuge ergibt sich genau das umgekehrte Bild. In der Bewertung der Aktie spiegelt sich bereits alles wider, was Tesla im Bereich Automobile und LKWs in den kommenden Jahren erreichen könnte. Damit wird es schwierig, der Aktie weiteres Kurspotential zuzurechnen. Nahezu alle Bewertungskennziffern zeigen, dass die Aktie stark überbewertet ist. Dessen ungetrübt stieg die Aktie allerdings immer weiter, getreu dem Motto: the trend is your friend.
Ausblick: es könnte ungemütlich bleiben
Bis Mittwoch herrschte der positive Trend generell am Aktienmarkt. Auf die Gefahr von Rückschlägen haben wir bereits vergangen Freitag an dieser Stelle hingewiesen. Der Optimismus der Anleger wird aber wahrscheinlich durch die weiteren Wirtschaftsdaten und offenbar wieder steigende Covid-19-Fallzahlen in den USA auf eine harte Probe gestellt werden. Dann muss sich zeigen, ob offene Geldschleusen der Zentralbanken weiterhin ausreichen, um die Aktienmärkte zu stabilisieren.
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