Bereits vergangene Woche hatten wir es angesprochen, jetzt ist es Gewissheit: die EZB weitet ihr Anleihekaufprogramm PEPP aus. Zu den bereits 750 Mrd. € kommen weitere 600 Mrd. € hinzu, was den Betrag auf 1,35 Bill. € beinahe verdoppelt. Auch die Dauer des Programms wird bis mindestens Juni 2021 verlängert. Der Leitzins bleibt unverändert bei 0% und Banken müssen weiterhin auf ihre Guthaben bei der EZB einen Strafzins von 0,5% bezahlen. Die EZB veröffentlichte ihr quartalsweises Update zu den Wachstums- und Inflationsprognosen. Für 2020 rechnet die EZB mit einem Einbruch der Wirtschaftsleistung um 8,7%. 2021 wird wieder ein Wachstum um 5,2% erwartet, dass sich 2022 mit 3,3% fortsetzt. Die Inflationsprognose sieht für 2020 eine Steigerung der Verbraucherpreise um 0,3%, für 2021 um 0,8% und 2022 um 1,3% vor. Damit bleibt die Inflationsrate langfristig deutlich unterhalb des Zielwertes der EZB von unter aber nahe bei 2,0%.
Daraus folgt für Anleger: die Zinsen dürften auch über das Jahr 2022 hinaus auf sehr niedrigem Niveau bleiben, bis sich die Inflationsrate nachhaltig dem Ziel der EZB annähert. Auch die verschiedenen aktiven Anleihekaufprogramme werden wohl noch länger aktiv bleiben. Daraus ergibt sich eine Unterstützung für die risikoreichen Anlagen wie Aktien und Anleihen von Schuldnern mit schlechter Bonität.
In der Pressekonferenz forderte die EZB-Präsidentin Christine Lagarde die EU und die Mitgliedsländer der Eurozone auf, zusätzliche Impulse zur Stimulierung des Wirtschaftswachstums zu setzen. Hierzu passt, dass sich die Bundesregierung am Mittwochabend auf ein Konjunkturpaket im Gesamtwert von 130 Mrd. € geeinigt hat. Auch die EU-Kommission arbeitet weiter an einem Hilfsprogramm im Gegenwert von ca. 750 Mrd. €.
Neben der schweren Rezession dämpft auch der niedrige Ölpreis aktuell die Teuerungsrate. Am vergangenen Mittwoch verständigten sich die OPEC-Staaten und Russland auf eine Kürzung der Ölförderung um 9,5 Mill. Barrel pro Tag, oder ungefähr 10% der aktuellen Fördermenge. Allerdings bestehen Zweifel, ob der Beschluss auch umgesetzt wird. Mit anhaltend schwacher Förderdisziplin dürfte das Angebot an Öl weiterhin die Nachfrage deutlich übersteigen. Damit bleibt der Ölpreis unter Druck. Daran dürfte sich wenig ändern, selbst wenn die Nachfrage zum Jahresende wieder die Produktion übertrifft. Vor einem deutlichen Preisanstieg steht dann erst der Abbau der sehr hohen Lagerbestände.
Für Investoren waren dies überwiegend positive Nachrichten. Die Staaten und Zentralbanken stützen weiterhin die Konjunktur. Die Maßnahmen übertreffen bei weitem jene, die zur Bekämpfung der globalen Finanzkrise 2009 ergriffen wurden. Auch ein anhaltend niedriger Ölpreis ist für Industrie und Verbraucher positiv, da die Kosten niedrig bleiben. Negative Effekte entstehen vor allem für die Förderunternehmen, die Zulieferer und die Staaten, deren Haushalt stark von Erdölexporten abhängig ist.
Die aktuelle Erholungsrallye wird stark von diesen Effekten getragen. Allerdings macht es den Anschein, dass die Märkte einseitig die positiven Aspekte zur Kenntnis nehmen. Die Risiken aus den Brexit-Verhandlungen, eine Verschärfung des Handels- und Technologiestreits zwischen den USA und China, steigenden Unternehmenskonkursen und anhaltend gedämpfter wirtschaftlicher Aktivität aufgrund der Sicherheitsmaßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie werden ausgeblendet.
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