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Der Zinsschreck – Wird Inflation ein Problem für den Aktienmarkt?

10.03.2021 12:07

Seit Anfang des Jahres konnten wir einen deutlichen Anstieg der langfristigen Zinsen in den USA und Europa feststellen. Diese Bewegung wurde primär durch steigende Inflationserwartungen ausgelöst, welche durch die Hoffnung auf eine globale konjunkturelle Erholung  und weitere fiskalpolitische Stimuli in den USA genährt wurden. Mitte Februar gewann der Anstieg der Renditen dann nochmals an Momentum. Im Zuge dieser Bewegung stieg die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen auf bis zu >1,6 % an, was einem Zuwachs von ~ 70 % gegenüber dem Wert zu Jahresbeginn entspricht.

 

Der jüngste Anstieg wurde jedoch nicht mehr wesentlich von weiter gestiegenen Inflationserwartungen getrieben. Es kam zu einem Anstieg der Realrenditen, welche durch weiter anziehende nominelle Zinsen ausgelöst wurden (siehe Chart 1).

 

Chart 1: Entwicklung der US-Renditen

 

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Ein wesentlicher Treiber dieser Bewegung war die jüngste Auktion 7-jähriger US-Staatsanleihen, die auf das niedrigste Investoreninteresse seit Ende 2008 getroffen ist – allerdings immer noch mehr als 2-fach überzeichnet war (siehe Chart 2).

 

Chart 2: Nachfrage / Angebotsverhältnis bei Auktionen 7-jähriger US-Staatsanleihen

 

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Man hatte hier jedoch auf Grund des bereits erfolgten Zinsanstieges in den vorhergegangenen Wochen mit einem größeren Interesse gerechnet. Dieses schwache Ergebnis führte dann dazu, dass Investoren sich zunächst weiter aus Renten zurückzogen. In der Summe kam es somit bei einer Kursentwicklung von ~ -11 % seit Jahresbeginn, zum schlechtesten Jahresstart für US-Treasuries seit 1988. Es gab zwar 4 Jahre, in denen die Kurse unterjährig ähnlich oder sogar noch stärker gefallen sind, allerdings verlief der Abverkauf nie so schnell wie in diesem Jahr (siehe Chart 3).

 

Chart 3: Merrill Lynch 10+ US-Staatsanleihen Index  – maximaler unterjähriger Verlust

 

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Quelle: Bespoke Investments

 

Investoren haben im Zuge der jüngsten Bewegungen ebenfalls begonnen den erwarteten Zeitpunkt für die erste Zinserhöhung der FED auf Anfang 2023 vorzuziehen.

 

Was auf den ersten Blick also ausgesprochen dramatisch wirkt, relativiert sich bei der Betrachtung der langfristigen Entwicklung. Sowohl die nominalen als auch die Realrenditen befinden sich trotz des jüngsten Anstiegs nach wie vor auf historisch niedrigen Niveaus und spiegeln somit die weiter sehr expansive Geldpolitik der US-Notenbank (FED) wider. Des Weiteren sind die Nominalrenditen damit auch „nur“ auf das Niveau zurückgekehrt, welches wir vor dem Ausbruch der Covid-Krise beobachten konnten. Die Realrenditen hingegen sind von diesen Niveaus noch ein ganzes Stück entfernt (siehe Chart 4).

 

Chart 4: langfristige Entwicklung der US-Renditen & des FED-Leitzins

 

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Quo Vadis FED

 

Die FED hatte im letzten Jahr ihr Politikziel adjustiert und den Fokus stärker auf den Arbeitsmarkt gelegt, sowie ein durchschnittliches Inflationsziel von 2 % eingeführt. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass die FED auch eine Inflationsrate von über 2 % tolerieren wird. Die FED geht im Übrigen sogar davon aus, dass auf Grund von Basiseffekten die Inflation in Kürze auf über 2 % steigen könnte, sieht dies jedoch als vorübergehenden Effekt an.

 

Die Kommentare von Vertretern der Notenbank in den letzten Wochen zeugten daher auch nicht von großer Besorgnis ob des jüngsten Zinsanstieges. Vielmehr wurde die Bewegung u. a. von Vorsitzenden der Chicago FED – Charles Evans – als „gesunde“ Entwicklung beschrieben und auch FED-Präsident Powell sprach von einem „Zeichen des Vertrauens“. Angesichts des noch immer angespannten US-Arbeitsmarktes – wir haben seit Beginn der Krise ~ 10 Millionen Arbeitsplätze verloren – dürfte ein zu starker und vor allem nachhaltiger Zinsanstieg jedoch ebenfalls nicht im Interesse der Notenbank sein, was (zumindest) verbale Interventionen wahrscheinlicher macht.

 

Wir erwarten für dieses und das nächste Jahr zwar einen leichten Anstieg der Inflation, allerdings nicht über das Ziel der FED hinaus. Daher halten wir auch an unseren Kurszielen für die Entwicklung 10-jähriger Renditen von US-Staats- und deutschen Bundesanleihen von 1,4 % bzw. -0,25 % fest (siehe Tabelle 1).

 

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Was bedeuten steigende Zinsen für den Aktienmarkt?

 

Nimmt man die Reaktion des Marktes seit Ende Februar als Maßstab, so drängt sich schnell die Antwort „nichts Gutes“ auf. Die Indices fielen mitunter deutlich und die Volatilität stieg merklich an. Hier lohnt sich jedoch ein genauerer Blick, steckt der Teufel doch oftmals im Detail.

 

Tatsächlich ist ein Umfeld leicht steigender Inflation ein sehr positives für Aktien. Vor allem dann, wenn Inflation Ausdruck einer wachsenden Wirtschaft ist. Solch ein positives Wirtschaftsklima ermöglicht es Unternehmen zu prosperieren und die Gewinne zu steigern. Dieser Effekt überwiegt dann den potentiell negativen Einfluss steigender Zinsen. Diese Beziehung ist auch die Basis der meisten Bewertungsmodelle für Aktien, bei denen – grob formuliert – das Wachstum der Gewinne (g) sowie der Zinssatz (r), mit dem zukünftige Gewinne auf den heutigen Tag abdiskontiert werden, die wesentlichen Stellschrauben des Ergebnisses sind. Solange also g größer als r ist, stellt r kein bewertungstechnisches Problem dar.

 

Chart 5 verdeutlicht diesen Zusammenhang anhand historischer Daten für den S&P 500-Index. Wie man erkennt, stellt eine Inflation von < 4 %  kein Hemmnis für Kursgewinne dar. Vielmehr wurden in der Vergangenheit die größten Kursgewinne bei einer Inflation von 1,5 % – 4 % erzielt, wobei der „Sweet Spot“ zwischen 1,5 % – 2,5 % gelegen hat. Also genau dort, wo wir uns zurzeit auch befinden.

 

Bezieht man weiterhin unseren positiven Konjunkturausblick ins Kalkül (siehe Tabelle 2), so ergibt sich für uns ein Bild, dass uns an unserer positiven Einschätzung für Aktien als Asset-Klasse festhalten lässt. Wir sind uns dennoch der Gefahr möglicher Korrekturen bewusst. Diese erachten wir bei sehr zinssensiblen (hohe Duration) und bereits gut gelaufenen Sektoren als besonders hoch. Die sogenannten „Growth“ oder Wachstums-Aktien sind hier potentiell besonders anfällig.

 

Chart 5: Entwicklung des S&P 500 in Abhängigkeit von Inflation (CPI)

 

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Source: Elroy, Dimson, Marsh (2013)

 

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Diese Gefahr kann man aktuell am US-Aktienmarkt gut beobachten. Der S&P500 ist ein nach Marktkapitalisierung gewichteter Index und wird zurzeit sehr stark von wenigen Technologiewerten, den sogenannten FAANG-Aktien, dominiert. Die Top-5-Werte machen aktuell ~ 20 % der Marktkapitalisierung des S&P 500 aus, wohingegen der langfristige Durchschnitt des Indexgewichtes bei 13 % liegt. Die FAANGs haben nun  im Zuge des Zinsanstieges in den letzten 20 Tagen deutlich korrigiert, was in der Konsequenz auch den Index selber in Mitleidenschaft gezogen hat. Die gleichgewichtete Version des S&P 500 hingegen erreichte im gleichen Zeitraum sogar ein Kursplus von ~ 4,4 % (siehe Chart 6).

 

Chart 6: Entwicklung des S&P 500 und FAANG-Index

 

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Unterm Strich bleiben wir jedoch wie erwähnt konstruktiv für die Asset-Klasse-Aktien. Wir präferieren in den USA allerdings Small & Mid Caps. Diese sind im Gegensatz zu den Mega-Cap-Technologie-Aktien (FAANGs etc.) deutlich weniger zinssensibel und weisen keine Risiken höherer Steuern oder einer verschärften Regulierung auf. Weiterhin bieten diese Werte ein zyklischeres Exposure und sollten somit von der erwarteten Konjunkturerholung überproportional profitieren.

 

Angesichts unseres Makrobildes präferieren wir zurzeit, insgesamt jedoch Europa und Japan, insbesondere zyklische und/oder exportorientierte Unternehmen. Wir mögen ebenfalls Emerging Markets mit den Schwerpunkten China und Taiwan, wo wir ein besonders starkes Wachstum erwarten.

 

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