Der theoretische Wert stellt den Kurs dar, der sich aus dem zugrundegelegten optionspreistheoretischen Bewertungsmodell und der folgenden Eingabeparameter ergibt:
aktueller Kurs des Basiswerts
Basispreis
Restlaufzeit
Zinssatz für risikolose Kapitalanlagen
historische Volatilität des Basiswerts
Für Aktien-, Basket- und Index-Optionsscheine europäischen Typs, d.h. eine Ausübung ist nur zum Ende der Laufzeit möglich, basiert der theoretische Wert auf dem Black-Scholes-Modell.
Für Aktien-, Basket- und Index-Optionsscheine amerikanischen Typs, d.h. eine Ausübung ist jederzeit während der Laufzeit möglich, wird auf eine von MacMillan, Stoll und Whaley entwickelte Erweiterung des Black-Scholes-Modells zurückgegriffen, die das Recht der vorzeitigen Ausübung quantifiziert. Um Dividendenzahlungen hinreichend zu berücksichtigen, wird für deutsche Aktienoptionsscheine mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr die Formel unter Berücksichtigung einer diskreten Dividendenzahlung angepasst.
Für alle anderen Aktien-, Basket- und Indexoptionsscheine wird eine stetige Dividendenrendite unterstellt und das Black-Scholes-Modell bzw. die Erweiterung durch MacMillan, Stoll und Whaley entsprechend angepasst.
Der theoretische Wert von Devisenoptionsscheinen (Garman-Kohlhagen-Modell), Zinsoptionsscheinen und Rohstoffoptionsscheinen wird mittels modifizierter Black-Scholes-Formeln ermittelt. Für den Investor bietet sich ein Vergleich des theoretischen Werts mit dem aktuellen Börsenkurs des Optionsscheins an. Eine Analyse der für die Bewertung relevanten Parameter verdeutlicht, dass eine Abweichung insbesondere auf eine differierende Volatilitätseinschätzung zurückzuführen ist; daneben können jedoch auch der Zinssatz für risikolose Kapitalanlagen sowie eine unterschiedliche Prognose der künftigen Dividendenausschüttungen des Basiswerts Bewertungsunterschiede hervorrufen.
Während der theoretische Wert auf Basis der historischen Volatilität berechnet wird, ist für den Börsenkurs entscheidend, welche zukünftige bzw. implizite Volatilität vom Emittenten bzw. von den Marktteilnehmern erwartet wird. Notiert der Marktpreis unter dem theoretischen Wert ist die historische Volatilität höher als die implizite Volatilität. Wird hingegen ein über dem theoretischen Wert liegender Börsenkurs festgestellt, ist die historische Volatilität niedriger als die erwartete zukünftige Volatilität. Um Optionsscheine hinsichtlich ihrer Preisstellung sinnvoll beurteilen zu können, ist es daher notwendig, die jeweilige implizite Volatilität zu berechnen, um anschließend
Optionsscheine auf einen identischen Basiswert sowie mit ähnlichen Charakteristika in Bezug auf den Basispreis und die Restlaufzeit vergleichen zu können und
die implizite Volatilität mit den eigenen Erwartungen bezüglich der zukünftigen Volatilität des Basiswerts zu vergleichen und daraus Kauf- bzw. Verkaufsstrategien abzuleiten.