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Kommt nun der GREXIT?

09.02.2016 13:59

Seit 2010 ist Griechenland nicht mehr in der Lage seinen Staatshaushalt an den Kapitalmärkten zu finanzieren. Deshalb gab es mehrere Rettungsprogramme, die zwei Zwecke erfüllen sollen. Erstens: Griechenland mit ausreichend Mitteln zu versorgen, damit der Staat seine Aufgaben erfüllen kann. Zweitens: Die Kapitalmarktfähigkeit Griechenlands mit Reformen wiederherzustellen.

 

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Genau um diesen zweiten Punkt eskaliert gegenwärtig der Streit zwischen Griechenland auf der einen Seite, der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) auf der anderen Seite. Die nun „die Institutionen“ genannte ehemalige „Troika“ geht davon aus, dass die von Griechenland vorgeschlagenen Maßnahmen nicht ausreichen, damit Griechenland in absehbarer Zeit wieder Kredit an den Kapitalmärkten erhält.

 

Griechenland könnte stattdessen mittelfristig von Finanzhilfen der Institutionen abhängig bleiben. Die griechische Regierung ist wiederum nicht bereit die von den Institutionen vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen. Sie fordert vielmehr einen Schuldenerlass für Griechenland. Da die Geldgeber ohne ausreichende Strukturreformen eine Wiederholung der Schuldenkrise trotz eines Schuldenschnitts erwarten, lehnen sie diesen ab.

 

Die Regierungschefs der EU haben allerdings signalisiert, dass sie Griechenland mit einer weiteren Streckung der Fälligkeit der Schulden und mit einer Reduzierung der Zinslast entgegenkommen würden. Der größte Teil der Staatsschuld wird 2026 (35% der ausstehenden Schulden) und 2042 (28% der ausstehenden Schulden) fällig. Eine Verlängerung der Laufzeit der Staatsschulden und eine Zinssenkung wirken auf den Staatshaushalt ähnlich wie ein Schuldenschnitt. Etwas überspitzt gesagt verhandelt Griechenland weiter um die Bedingungen für den Staatsbankrott, allerdings mit zunehmendem Zeitdruck und anscheinend mit immer härteren politischen Bandagen.

 

Die Verhandlungen sind vorerst gescheitert

 

Nachdem der griechische Premierminister Alexis Tsipras in der Nacht von Freitag auf Samstag ein Referendum über die von den Institutionen geforderten Reformen und Sparmaßnahmen für den 5. Juli angekündigt hat, sind die Verhandlungen vorerst gescheitert. Die aktuell verfügbaren 3,7 Mrd. Euro Rettungsgelder der EU plus 11,8 Mrd. Euro, die zur Unterstützung des griechischen Bankensektors vorgehalten werden, verfallen am 30. Juni und damit vor dem Referendum. Allerdings muss Griechenland 1,6 Mrd. Euro an den Internationalen Währungsfonds bis zum 30. Juni zurückzahlen. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass die Regierung ihren Verpflichtungen nicht nachkommen können wird.

 

Ein Zahlungsausfall des Staates könnte die Banken in Griechenland in den Konkurs treiben, da sie stark in griechischen Staatsanleihen investiert sind. Aus diesem Grund hat die EZB die Liquiditätsnothilfen, die von der Bank von Griechenland gewährt werden, nicht weiter aufgestockt. Dies führte zu einer Schließung der Banken mindestens bis zum 5. Juli 2015. Gleichzeitig wurden Kapitalverkehrskontrollen eingeführt.

 

Dies bedeutet:

  • Pro Person und Bankkarte dürfen maximal 60 Euro pro Tag vom Bankkonto abgehoben werden.
  • Bargeldlose Bezahlungen im Inland wurden nicht beschränkt, dennoch werden Kartenzahlungen kaum noch akzeptiert.
  • Auslandsüberweisungen sind nur mit vorheriger Genehmigung erlaubt.
  • Touristen sind von den Beschränkungen ausgenommen.

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Bislang ist unklar, wie genau die Frage des Referendums lauten wird. Die griechische Regierung möchte die Reformvorschläge der Institutionen zur Abstimmung stellen. Allerdings gibt es kein Verhandlungsergebnis, auf das sich Griechenland und die Institutionen geeinigt haben, das zur Abstimmung gestellt werden könnte.

 

Das Referendum und mögliche Folgen

 

Lehnen die Griechen das Reformprogramm ab, droht die unmittelbare Staatspleite. Dies bedeutet dennoch nicht automatisch den Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Nur Griechenland selbst könnte aus der EU und folglich aus dem Euro austreten. Es kann nicht von den anderen europäischen Partnern gezwungen werden. Sollte Griechenland innerhalb der Eurozone zahlungsunfähig werden, so müsste die Regierung erneut mit den europäischen Partnern verhandeln, wie der öffentliche Haushalt finanziert werden kann.

 

Eine Annahme des Reformprogramms durch die griechische Bevölkerung würde wahrscheinlich die Regierung von Alexis Tsipras sprengen. Die Verhandlungen müssten nach der Bildung einer neuen Regierung fortgeführt werden. Allerdings ist der Ausgang des Referendums für die Regierung nicht bindend.

 

Das Referendum könnte noch durch den Rücktritt des Staatspräsidenten verzögert werden. Es könnte erst nach der Neuwahl eines Präsidenten durchgeführt werden. Ähnlich wie im Dezember könnte dies jedoch mit Neuwahlen des Parlaments verbunden sein.

 

Fazit

 

Klar ist, dass die Unruhe rund um Griechenland auch in den kommenden Wochen anhalten wird und Griechenland voraussichtlich Mitglied der Eurozone bleibt. Dennoch kann es zu schwerwiegenden Problemen bei den Banken kommen. Ebenso ist fraglich, ob die Regierung Pensionen und Beamtenbezüge bezahlen können wird. Auch wenn die Situation vor Ort dramatische Züge annehmen kann, ist für Anleger vor allem bedeutsam, ob von Griechenland eine Ansteckungsgefahr für andere Länder der Eurozone ausgeht.

Diese Gefahr erachten wir aktuell eher als gering.

 

Die Banken in der Eurozone haben ihre Engagements in Griechenland von über 250 Mrd. Euro  2008 auf ca. 30 Mrd. Euro Ende 2014 zurückgeführt. Der größte Teil der Kredite dürfte an Unternehmen ausgereicht worden sein, Kredite an die öffentliche Hand spielen eine untergeordnete Rolle. Die EZB sorgt mit ihren gegenwärtigen Käufen von Staatsanleihen der anderen Euroländer dafür, dass die Zinsaufschläge von Portugal, Italien und Spanien gegenüber den Bundesanleihen nicht zu hoch werden. In diesem Fall könnte die Finanzierung der Banken in den Peripherieländern sich wieder verteuern, was sich nachteilig auf die Kreditfinanzierung der Unternehmen auswirken würde.

 

Die positiven Wachstumsimpulse der vergangenen Monate wären dadurch in Gefahr. Deshalb hat die EZB angekündigt, dass sie alle Instrumente innerhalb ihres Mandats nutzen wird, um die Finanzstabilität innerhalb der Eurozone zu wahren. Ebenfalls stabilisierend für das Finanzsystem wirken Institutionen, wie die gemeinsame Bankenaufsicht und der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), die 2010 noch nicht vorhanden waren.

 

Vor diesem Hintergrund rechnen wir weiter mit einer hohen Schwankungsbreite an den Anlagemärkten. Bei ausreichender Risikobereitschaft betrachten wir diese Situation dennoch eher als Kaufgelegenheit für Aktien. Der Aufschwung, der vor allem durch sinkende Kreditzinsen, den gefallenen Ölpreis und den gefallenen Wechselkurs des Euros getragen wird, ist aktuell nicht durch das ewige Taktieren im griechischen Schuldenstreit gefährdet.

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