Jesse Lauriston Livermore: Der Erfinder des Short Selling fasziniert Anleger bis heute und wird wegen seiner einzigartigen Erfolge und Strategien von Experten geschätzt.
Im Alter von 63 Jahren setzt Jesse Lauriston Livermore seinem Leben in einem Hotel in Manhattan ein Ende. Hinter ihm liegen eine bewegte Zeit und eine Vielzahl von spektakulären Erfolgen an den Märkten. Einer der größten Börsenspekulanten der Geschichte hatte nach zahlreichen legendären Coups den Mut zum Leben verloren – und nach mehreren Fehlschlägen auch das Vertrauen in seine Fähigkeiten. Dabei sind viele bis heute von seinem rasanten Aufstieg zum König der Spekulanten und seiner Meisterschaft des Short Selling fasziniert. Livermores Karriere beginnt schon als Jugendlicher – und seine Methoden sind für Anleger und Börsen-Experten nach wie vor aktuell und relevant.
Die Bucket Shops: Das jugendliche Börsen-Genie
Der Lebensweg von Jesse Lauriston Livermore ist vorgezeichnet. Der Junge aus Shrewsbury im US-Bundesstaat Massachusetts soll auf Wunsch seines Vaters Farmer werden und einen bodenständigen Beruf ausüben. Doch Livermore rebelliert und flüchtet bereits mit 14 Jahren mit dem Einverständnis seiner Mutter und einem Startkapital von 5,- Dollar aus dem Elternhaus. Er findet bald Arbeit in Boston, notiert hier zu Beginn die aktuellen Aktienkurse auf Tafeln und beginnt schließlich, selbst zu handeln. Zum Einstieg begnügt er sich noch mit den Bucket Shops – Spielhäusern, die den Handel als Wette nachahmen, ohne die Aktienkäufe wirklich auszuführen. Livermores Strategien verhelfen ihm schnell zu großem Erfolg: Schon im Alter von 15 erwirtschaftet er ein zu dieser Zeit beachtliches Vermögen von 1.000 Dollar. Mit 20 hat er an den Bucket Shops bereits 10.000 Dollar verdient. Daraufhin schließen die Bucket Shops für ihn ihre Tore und Livermore entscheidet sich, an den echten Märkten zu investieren.
Livermore: Der König der Spekulanten
Livermores Leben und Handeln an den Märkten weist zahlreiche Höhen und Tiefen auf. Bereits nach zwei Jahren in New York muss Livermore Verluste hinnehmen und erklärt seinen ersten Bankrott. Im Jahr 1907 erlangt Livermore erstmals Bekanntheit und Ruhm. Durch ein genaues Studium von Märkten und Wirtschaftslage wird ihm bewusst, dass ein baldiger Crash unvermeidlich ist. Zu wenig Kapital bewirkt einen massiven Preisverfall – und damit verdient Livermore beinahe auf einen Schlag eine Million Dollar. Das Muster wiederholt sich 1929, er setzt erneut auf die richtige Strategie und steigert sein Kapital auf über 100 Millionen Dollar, im heutigen Maßstab ein Milliardenvermögen. Der König der Spekulanten, der eigentlich ein Farmer werden sollte, führt jetzt ein luxuriöses Leben und besitzt Anwesen auf der ganzen Welt. Der Erfolg der beiden Geniestreiche ist allerdings nicht von Dauer. Livermore weicht von seinen eigenen Grundsätzen ab und vertraut unter anderem auf Tipps und Ratschläge von anderen – und muss zahlreiche Misserfolge hinnehmen.
Die zentrale Strategie: Das Short Selling
Livermore bringt sich als Jugendlicher das Handwerkszeug des Traders selbst bei und entwickelt so seine eigene Herangehensweise. Von überragender Bedeutung sind dabei die Leerkäufe, das Short Selling. Anstatt sich auf etablierte Sichtweisen und subjektive Ansichten zu verlassen, geben für Livermore stets die Zahlen und ihre Trends den Ausschlag. Den Fakten den Vorzug zu überlassen, zahlt sich bald für ihn aus. Leerkäufe vor rasant stürzenden Aktienkursen, die er korrekt vorausgesagt hat, machen ihn zu einem der wohlhabendsten Investoren der Welt. 1907 und 1929 zählt Livermore zu den großen Gewinnern – und wird damit zur Legende. Seine Regeln sind auch im digitalen Zeitalter von Bedeutung: Sie beschreiben Prinzipien, die Investoren zu Disziplin mahnen und davor bewahren, unsichere Käufe zu tätigen.
Livermore: Rationalität schlägt Bauchgefühl
Livermores Credo ist simpel: Die Märkte sind insgesamt berechenbar, die Bewegungen bei den Aktienkursen vorhersagbar. Die wichtigste Ressource ist nicht das Kapital – es sind die Zeit bzw. der richtige Zeitpunkt sowie exakte Daten. Im analogen Zeitalter ersetzt Livermore selbst den Computer und bleibt den Methoden treu, die er als Jugendlicher mit dem Aufschreiben gelernt hat. Er verfolgt einige wenige Aktienkurse und sucht nach stabilen Entwicklungen. Sobald ausreichendes Datenmaterial gesammelt wurde, gilt es vorsichtig zu investieren und genau den Trends zu folgen. Damit setzt Livermore für konstante Gewinne nicht auf Instinkt oder Bauchgefühl, sondern auf Beobachtung, Rationalität und Akribie. Im Idealfall lassen Trader zum Beispiel den Markt reagieren, bevor sie zu größeren Summen greifen, und vermeiden dadurch riskante Transaktionen. Doch den eigenen Mahnungen folgt Livermore nicht strikt genug: Während sich einige Wetten auszahlen, verspielt er letztlich nahezu sein gesamtes, massives Vermögen.
Fazit:
- Börsen-Legende Livermore – Erfinder des Short Selling
- massive Gewinne beim Crash 1907 und 1929
- Strategie: den Trends folgen, den Markt reagieren lassen
- nach heutigem Maßstab Milliardenvermögen, luxuriöser Lebensstil
- enorme Verluste – die eigenen Regeln nicht beachtet
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