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Japan: Aktien im Rally-Modus

18.07.2023 10:13

Für die Aktienmärkte war das erste Halbjahr 2023 ein gutes. Die meisten internationalen Indizes zeigten in den ersten sechs Monaten eine positive Performance. Ganz vorne dabei: der japanische Aktienmarkt. Was sind die Gründe für die Rally der Aktien und wie können Anlegende in Japan investieren?

 

 

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Japans Wirtschaft: Entwicklung überrascht

 

Die Wirtschaft in Japan war lange Zeit vom Kampf gegen die Deflation geprägt. Als Deflation bezeichnet man eine Phase, in der ein Überangebot an Waren und Dienstleistungen auf eine rückläufige Nachfrage trifft, was oftmals zu einem sinkenden Preisniveau führt. Eine solche Entwicklung kann die Gewinne der Unternehmen belasten und deren Investitionstätigkeiten drosseln. In der Regel sinken in einer Deflation auch die Einkommen, was die Nachfrage seitens der Verbraucherinnen und Verbraucher weiter reduziert.

 

Um die Situation in den Griff zu bekommen, versuchte die japanische Notenbank (Bank of Japan) die Wirtschaft immer wieder mit geldpolitischen Maßnahmen zu stimulieren. Dennoch gestaltete sich der Kampf gegen die Deflation äußerst zäh. Dies änderte sich 2022. Massive Preissteigerungen für Rohstoffe, Vorprodukte und Waren, die aus den Lieferkettenunterbrechungen während der Corona-Pandemie sowie dem Angriff Russlands auf die Ukraine resultierten, führten in der ganzen Welt zu einem Anstieg der Teuerung. Japan, das einen Großteil der benötigten Rohstoffe einführen muss, importierte damit auch die Inflation. 2022 lag die jährliche Inflationsrate mit 2,50 % nach sieben Jahren mit allenfalls marginalen Preissteigerungen wieder über dem 2 %-Ziel der Bank of Japan.

 

Japans Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im ersten Quartal 2023 mit einer auf das Jahr gerechneten Rate von 2,70 %. Gegenüber dem Vorquartal ergab sich ein Zuwachs von 0,70 %. Die Daten wurden gegenüber den ersten Schätzungen nach oben revidiert. Trotz dieser positiven Überraschung wird sich Japan einer Abkühlung der Weltwirtschaft nicht vollständig entziehen können. Einen Beleg dafür liefert der Rückgang der Exporte von Waren und Dienstleistungen im ersten Quartal um 4,20 %. In ihrer Prognose für das Fiskaljahr 2023 (1. April bis 31. März) rechnet die Bank of Japan mit einem Wachstum des BIP um 1,40 %. Das ist etwas weniger als die noch zu Jahresbeginn prognostizierten 1,70 %. Die Hoffnungen ruhen hierbei auf einer weiteren Erholung der Inlandsnachfrage.

 

 

Der TANKAN-Report – Frühindikator für Japans Wirtschaft

 

Ein Manko des BIP besteht darin, dass es sich um vergangenheitsbezogene Daten handelt, sozusagen den Blick in den Rückspiegel. Aufschlussreicher für die Beantwortung der Frage, wie sich in Japan die Wirtschaft entwickeln wird, sind Frühindikatoren. Diese sind im sogenannten TANKAN-Report enthalten, der regelmäßig zu Beginn eines neuen Quartals von der Bank of Japan veröffentlicht wird.

 

Der TANKAN-Report gilt als wichtigster vorlaufender Konjunkturindikator Japans. Dafür befragt die japanische Notenbank gegen Ende eines jeden Quartals die Manager von rund 9.000 großen Unternehmen unter anderem zu den Lagerbeständen, Investitionen, der Geschäftslage, den laufenden Gewinnen oder den Erwartungen an die Entwicklung der Umsätze, Exporte und Inflation.

 

Der jüngste TANKAN-Report von Anfang Juli 2023 zeigt eine Verbesserung des Geschäftsklimas in Japan im zweiten Quartal. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Rohstoffpreise ihren Höchststand erreicht haben dürften und die Aufhebung der Pandemie-Beschränkungen die Produktion in der Industrie belebt hat. Ausdruck einer zuversichtlichen Stimmung in den Großunternehmen ist zudem die geplante Erhöhung der Investitionsausgaben im laufenden Geschäftsjahr um 13,40 %. In der März-Umfrage prognostizierten die Unternehmen lediglich einen Anstieg von 3,20 %. Im Hinblick auf Preissteigerungen rechnen die Unternehmen damit, dass die Inflation auch in den kommenden fünf Jahren über dem 2 %-Ziel der Bank of Japan liegen wird. Insgesamt signalisiert der jüngste TANKAN-Report, dass sich Japans Wirtschaft auf dem Pfad einer moderaten Erholung befindet.

 

 

Konsum macht mehr als die Hälfte von Japans BIP aus

 

Für eine fortgesetzte Erholung der weltweit drittgrößten Volkswirtschaft ist vor allem der private Konsum entscheidend, da dieser mehr als die Hälfte von Japans BIP ausmacht. Eine stagnierende Entwicklung der Löhne bei gleichzeitig steigenden Sozialabgaben ließen die Nettoeinkommen der Haushalte in den vergangenen Jahren allerdings sinken. Die Reaktion war ein erhöhtes Sparverhalten, das durch die Corona-Pandemie nochmals verstärkt wurde.

 

Mit den gestiegenen Preisen ist die Sparquote wieder gesunken. Gleichzeitig stellt die für japanische Verhältnisse hohe Inflation die Bevölkerung vor eine neue Herausforderung. Durch das verstärkte Sparen stieg das Vermögen der privaten Haushalte in Japan. Ende März 2023 lag das Finanzvermögen der privaten Haushalte nach Angaben der Bank of Japan bei 2.042 Billionen Yen (ca. 14 Billionen Euro). Davon war mit 1.107 Billionen Yen mehr als die Hälfte in Bargeld und Einlagen geparkt. Diese enormen Guthaben sind angesichts der gestiegenen Inflation von einem Verlust an Kaufkraft bedroht.

 

 

Japans Aktien: Performance lässt keine Wünsche offen

 

Eine Möglichkeit, dem Kaufkraftverlust zu begegnen, sind Investments in Aktien. Davon machten die privaten Haushalte im ersten Quartal 2023 regen Gebrauch. Im Vergleich zum Vorjahresquartal stiegen die in Aktien investierten Beträge um 2,70 %. Der Anteil am Finanzvermögen lag damit bei 11 %. Weitere 4,40 % entfielen auf Anteile an Investmentfonds.

 

Setzt sich diese Entwicklung fort und fließt das in Bargeld und Einlagen geparkten Geld ebenfalls in Aktien japanischer Unternehmen, dürfte die verstärkte Nachfrage die Performance des Aktienmarkts stützen. In den ersten sechs Monaten 2023 war Japans Aktienmarkt einer der Top-Performer unter den internationalen Indizes. Dies zeigt beispielsweise der Blick auf den Nikkei 225. Während der Nikkei 225 das bekannteste Barometer für die Entwicklung der Aktien japansicher Unternehmen ist, schauen Notenbank und Regierung vor allem auf den TOPIX. Beide Indizes unterschieden sich in mehreren Details:

 

  • Nikkei 225
    Der Nikkei 225 weist im Vergleich zu Aktienindizes westlicher Industrieländer einige Besonderheiten auf. Zum einen die Zahl der Indexmitglieder. Im Unterschied zu viele anderen Indizes zählt der Nikkei stolze 225 Unternehmen. Deren Auswahl wird einmal jährlich überprüft. Für die Auswahlentscheidung orientiert sich das Indexkomitee an der Liquidität und Branchenzugehörigkeit. Die im Nikkei 225 enthaltenen Aktien decken ca. zwei Drittel der in der ersten Sektion der Tokyo Stock Exchange (TSE) gelisteten japanischen Unternehmen ab. Zum anderen unterscheidet sich der Nikkei 225 von den meisten anderen Aktienindizes durch seine Berechnung als preisgewichteter Kursindex. Um den aktuellen Indexstand zu ermitteln, wird der einfache Durchschnitt der Aktienkurse berechnet. Dadurch erhalten Aktien mit einem hohen Kurs ein größeres Gewicht im Index als Aktien mit einem niedrigen Kurs.

 

  • TOPIX
    Der von der Tokyo Stock Exchange berechnete TOPIX (Tokyo Stock Price Index) enthält alle inländischen Aktien, die in der ersten Sektion der Tokyo Stock Exchange gelistet sind. Die Gewichtung der einzelnen Titel richtet sich nach der Marktkapitalisierung im Streubesitz. Unternehmen mit einem hohen Börsenwert haben somit ein größeres Gewicht, wobei das maximale Gewicht einer Aktie auf 10 % begrenzt ist. Eine feste Anzahl an Mitgliedern gibt es nicht. Vielmehr verändert sich die Anzahl mit der Neuaufnahme oder dem Delisting von Aktien an der Tokyo Stock Exchange. Eine regelmäßige Überprüfung des Index findet vor diesem Hintergrund nicht statt. Derzeit umfasst der TOPIX 2.158 Mitglieder (Stand 31.05.2023) und ist somit wesentlich breiter aufgestellt als der „nur“ 225 Werte umfassende Nikkei. Aufgrund der hohen Zahl der im Index vertretenen Unternehmen wird der TOPIX als besonders repräsentativ für den Zustand der japanischen Wirtschaft angesehen. Die Regierung nutzt den TOPIX daher als einen ökonomischen Leitindikator. Daneben wird der Index von vielen institutionellen Investoren als Benchmark verwendet.

 

  • MSCI Japan
    Der MSCI Japan misst die Performance der großen und mittelgroßen Unternehmen in Japan. Mit seinen 237 Mitgliedern deckt der Index ungefähr 85 % der Free-Float-Marktkapitalisierung des Aktienmarktes ab.

 

Japan – Land der aufgehenden Renditen?  Warum Japan als Anlageregion weiterhin attraktiv ist, erklärt Stephan Kemper, Investmentspezialist in unserem YouTube-Video

 

Der Yen ist gestiegen, die liquiden Mittel übersteigen die Schulden und es ist ein Rekordwert in Aktienrückläufen zu verzeichnen. Also warum übersehen viele Investoren Japan weiterhin in ihrem Portfolio?

 


 


In Japan investieren mit Fonds und ETFs

 

Aktien von Unternehmen aus Japan können auch für Anlegende aus Euroraum eine interessante Beimischung für das Depot sein. Viele Unternehmen haben in den vergangenen Monaten ihre Eigenkapitalrentabilität verbessert. Zudem tätigten sie vermehrt Aktienrückkäufe was die Kurse ebenfalls stützte.

 

Grundsätzlich ist es bei Investments in ein bestimmtes Land oder eine bestimmte Region sinnvoll, möglichst breit zu streuen, um Klumpenrisiken zu reduzieren. Anlegende können dies am einfachsten über Investments in aktiv gemanagte Fonds oder ETFs umsetzen. Bei einem aktiv gemanagten Fonds kann ein erfahrender Fondsmanager gezielt solche Unternehmen auswählen, die sich durch eine günstige Bewertung und/oder eine besonders aktionärsfreundliche Geschäftspolitik auszeichnen. Mit ETFs auf den Nikkei 225, MSCI Japan oder den TOPIX können Anlegende auf den breiten japanischen Aktienmarkt setzen.