Lange Zeit befand sich Indien im Schatten des historischen Wirtschaftsaufschwungs von China. Dabei stand Indiens Wirtschaftswachstum dem Chinas kaum nach. Doch aufgrund der ökonomischen, sozialen und politischen Probleme in China schlägt in dieser Dekade die Stunde des indischen Subkontinents. Denn Indien hat wesentlich bessere soziologische und geopolitische Rahmenbedingungen und eine unglaublich spannende Binnenmarkt-Story...
Im Emerging-Markets-Boom nach dem Jahrtausendwechsel stand das BRIC-Konzept im Fokus der Börsen. BRIC setzte sich aus den Anfangsbuchstaben der Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China zusammen. Doch das „I“ stand immer im Schatten der anderen Länder. Brasilien und Russland profitierten vom damaligen Rohstoffboom und China war die Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft.
Die indische Wirtschaft überzeugte zwar Jahr für Jahr mit herausragenden Wachstumsraten zwischen 6 bis 8 %. Aber in der wirtschaftlichen Entwicklung lag sie rund fünf Jahre hinter China – mit Ausnahme des IT-Outsourcing-Sektors, der schon damals Weltklasse-Niveau hatte und auch weiterhin ein Wachstumsmotor der indischen Wirtschaft ist.
Doch mit dieser Dekade tritt Indien endgültig ins Rampenlicht der Weltwirtschaft. Laut Dr. Venkatraman Anantha Nageswaran, wirtschaftlicher Chefberater der indischen Regierung, soll das zweitbevölkerungsreichste Land der Welt (1,4 Mrd. Menschen) in der laufenden Dekade um durchschnittlich 6,50 % per annum wachsen. Die Ratings-Agentur S&P erwartet ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 6,30 % pro Jahr. Das wäre deutlich mehr als das von Ökonomen erwartete Wirtschaftswachstum um 5,00 bis 5,50 % p. a. für China. Die Einschätzung der Wachstumserwartungen wird auch vom BNP Paribas Wealth Management Private Banking geteilt. Dort erwartet man in 2024 ein Wachstum von 6,00 % in Indien, was deutlich über den erwarteten 5,30 % in China liegt.
Im Zentrum der kommenden Wachstumsstory in Indien steht die demografische Struktur der Bevölkerung. Indien ist mit einem Durchschnittsalter von 28,7 Jahren eines der jüngsten Länder der Welt. Das ist eine komplett andere Situation als in China (Durchschnittsalter: 39 Jahre) mit seiner kommenden demografischen Krise. Noch schlechter ist die demografische Situation in Deutschland mit einem Durchschnittsalter von 48 Jahren oder in Japan (49 Jahre).
Doch nicht nur das: Die junge indische Bevölkerung in den Städten wird immer besser ausgebildet. Diese jungen, gut ausgebildeten Generationen sind hungrig: Hungrig nach beruflichem Erfolg. Nach Konsumgütern. Nach eigenen Häusern. Nach einem besseren Leben für sich und ihre Familien. In Indien entsteht ein gigantischer Konsummarkt, der das indische Wirtschaftswachstum über Dekaden anfeuern dürfte.
Denn im Alter zwischen 30 und 50 Jahren verzeichnen die Einkommen der Menschen einhergehend mit ihren Karrierefortschritten die größten Anstiege. Das könnte auch in Indien so sein. Die jungen Generationen werden voraussichtlich so viel verdienen wie keine Generation in der indischen Historie vor ihnen. Sie sind das Ass im Ärmel der indischen Volkswirtschaft.
Verdeutlichen wir die Entwicklung am Beispiel des indischen Finanzsektors: Hunderte Millionen indischer Arbeitnehmer werden in den kommenden Jahren über immer mehr Extra-Einkommen verfügen. Allein bis 2025 soll sich die Zahl der Anlagekonten in Indien auf rund 130 Mio. Konten verdreifachen (Quelle: Association of Mutual Funds in India). Und das sind immer noch nicht mal zehn Prozent der indischen Bevölkerung.
So wird Indien laut der Stiftung India Brand Equity Foundation (IBEF) bis 2028 zum viertgrößten privaten Vermögensmarkt der Welt aufsteigen. Wenn Teile der Extra-Einkommen von mehreren Millionen Indern in den indischen Anlagesektor und an die Börse fließen, könnte in Indien ein Aktienboom bevorstehen.
Dazu kommt ein weiterer, neuer Faktor: Indien ist einer der Gewinner der Covid-19-Pandemie und der geopolitischen Entwicklungen seit dem Start des Ukraine-Krieges 2022. Durch die harsche Null-Covid-Politik in China und die geopolitischen Spannungen zwischen der neuen Ost-Achse um China/Russland und dem Westen wird Indien von immer mehr westlichen Firmen als alternativer Produktionsstandort entdeckt.
Das bekannteste Beispiel ist Apple, die Teile ihrer iPhone-Produktion aus China nach Indien transferieren. Doch das ist erst die Spitze des Eisberges. Andere westliche und asiatische Firmen investieren ebenfalls in Standorte in Indien. Hier entstehen Hunderttausende neue Arbeitsplätze. Diese ausländischen Investitionen werden in den kommenden Jahren zunehmen, was das Wirtschaftswachstum in Indien weiter anfeuert.
Inzwischen ist Indien laut dem Internationalen Währungsfonds gemessen am Bruttoinlandsprodukt die fünfgrößte Volkswirtschaft der Welt. Die Ratingagentur S&P erwartet, dass die indische Wirtschaft um 2030 herum sogar Japan und Deutschland überholen wird.
Der Aufstieg der indischen Volkswirtschaft in der Welt (gemessen am BIP):
Platz |
2010 |
2020 |
2030 P |
1. |
USA |
USA |
China |
2. |
China |
China |
USA |
3. |
Japan |
Japan |
Indien |
4. |
Deutschland |
Deutschland |
Japan |
5. |
Großbritannien |
Großbritannien |
Indonesien |
6. |
Frankreich |
Indien |
Deutschland |
7. |
Italien |
Frankreich |
Brasilien |
8. |
Brasilien |
Italien |
Mexiko |
9. |
Indien |
Kanada |
Großbritannien |
10. |
Kanada |
Südkorea |
Türkei |
P = Prognose
Quellen: World Bank, IWF, Bloomberg, S&P
Natürlich gibt es auch in Indien Risiken, die Investoren beachten müssen. Die geopolitischen Risiken sind mit Ausnahme des nicht enden wollenden Grenzkonflikts mit dem Nachbarland Pakistan gering. Dennoch sollten interessierte Anlegende die anhaltenden Spannungen mit Pakistan im Auge behalten, schließlich handelt es sich um zwei Atommächte. International hat der riesige Subkontinent nie Supermachtansprüche erhoben. Zu sehr ist man mit sich selbst beschäftigt. Auch sozialistische politische Strömungen sind in Indien nicht so stark wie in Lateinamerika. Beides kann Indien für ausländische Investoren attraktiv machen.
Die größten Probleme für die indische Wirtschaft und Gesellschaft sind:
Die Top 10 der Städte mit der höchsten Luftverschmutzung in 2022:
Platz |
Stadt |
Land |
1. |
Lahore |
Pakistan |
2. |
Hotan |
China |
3. |
Bhiwadi |
Indien |
4. |
Delhi |
Indien |
5. |
Peshawar |
Pakistan |
6. |
Darbhanga |
Indien |
7. |
Asopur |
Indien |
8. |
N’Djamena |
Tschad |
9. |
New Delhi |
Indien |
10. |
Patna |
Indien |
Quelle: World Health Organization 2022
Für Börsianer kommen noch zwei weitere negative Faktoren hinzu, die miteinander korrelieren: Der indische Aktienmarkt ist für ausländische Investoren schwer zugänglich. Zudem haben viele indische Aktien (noch) nicht die nötige Marktkapitalisierung und Handelsliquidität, um für Investments von internationalen Fonds oder für strukturierte Produkte infrage zu kommen.
Die Anzahl indischer Bluechip-Aktien, die über ein Zweitlisting an westlichen Börsen verfügen, ist begrenzt. Dadurch tummeln sich 90 % der ausländischen Investoren in den gleichen indischen Werten. Die Zusammensetzungen der Fondsportfolios und ETFs unterscheiden sich meist nur in der Gewichtung der Aktien.
Indien ist gemessen an Börsenbewertungen wie dem KGV historisch einer der teuersten Emerging Markets. Dies liegt unter anderem an der Struktur der dortigen Wirtschaft, welche im Gegensatz zu vielen anderen Emerging Markets deutlich weniger stark von der Rohstoffförderung abhängt. Die indische Wirtschaft ist stärker durch sogenannte „Growth“-Sektoren wie IT-Dienstleistungen geprägt, welche an der Börse durch die besseren Wachstumsaussichten höher bewertet werden. Darüber hinaus ist Indien im Vergleich zu vielen anderen Emerging Markets politisch ausgesprochen stabil. Investoren sind daher gezwungen, Bewertungsprämien für ein Investment in den indischen Markt zu zahlen. Dafür erhalten sie dann aber auch Zugang zu einem der wachstumsstärksten Märkte der Welt.
In Indien gibt es zwei verschiedene Aktienindizes, die für internationale Anleger wichtig sind: den BSE Sensex Index der Börse Bombay Stock Exchange (BSE) und den Nifty 50 Index der Börse National Stock Exchange (NSE). Die BSE, bereits 1875 gegründet und damit die älteste Börse in ganz Asien, ist aufgrund des Alters die bekanntere indische Börse. Die 1972 gegründete NSE ist inzwischen die größere der beiden Börsen. Sowohl die BSE als auch die NSE sind in Mumbai ansässig.
Der Sensex Index spiegelt die Kursentwicklung der dreißig größten an der BSE gelisteten indischen Konzerne wider. Der Nifty 50 (auf Deutsch „Nationale Fünfzig“) wurde 1995 gegründet und enthält 50 Aktien. Die Aktienanzahl ist der einzige Unterschied zwischen den beiden Indizes. Historisch gesehen zeigt der Sensex eine bessere Performance als der Nifty 50, allerdings ist der Unterschied mit 0,60 % p. a. über die letzten 20 Jahre sehr gering.
Die zehn größten indischen Aktien nach Marktkapitalisierung
Platz |
Unternehmen |
Sektor |
1. |
Reliance Industries |
Industrie-Mischkonzern |
2. |
TATA Consultancy Services |
IT |
3. |
HDFC Bank |
Finanzen |
4. |
ICICI Bank |
Finanzen |
5. |
Hindustan Unilever |
Konsumgüter |
6. |
ITC |
Konsumgüter |
7. |
Infosys |
IT |
8. |
Housing Development Finance Corp. |
Finanzen/Immobilien |
9. |
State Bank of India |
Finanzen |
10. |
Bharati Airtel |
Telekom |
Quelle: Bombay Stock Exchange
Aufgrund der langfristigen Story des indischen Wirtschaftswachstums und des zu erwartenden Konsumbooms der indischen Mittelschicht könnte sich Indien gut für Sparpläne eignen. Mit einem Sparplan bei der Consorsbank ist ein Besparen von ETFs und Fonds schon ab 10 Euro pro Monat möglich. Ein Sparplan lässt sich jederzeit verändern, pausieren oder beenden, sodass Sie flexibel bleiben.
Hier sind beispielhaft einige ETFs und Fonds auf den indischen Aktienmarkt:
ETFs
Fonds
Sie müssen ein registrierter Benutzer sein, um hier einen Kommentar hinzuzufügen. Wenn Sie sich bereits registriert haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie sich noch nicht registriert haben, führen Sie bitte eine Registrierung durch und melden Sie sich an.