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Übernahme-Strategie: Wie Sie als Anleger aus Fusionen und Unternehmenskäufen Vorteile ziehen

04.02.2016 13:19

Geplante Übernahmen sorgen an der Börse häufig für ein Kursfeuerwerk. Lesen Sie hier, wie Sie als Aktionär davon kräftig profitieren können.

 

Macht eine Aktie einen Kurssprung, dann lautet die Begründung häufig: „Übernahmefantasien“. Das ist für Anleger ausgesprochen spannend. Denn wenn ein Unternehmen Interesse an einem anderen bekundet, lässt sich damit viel Geld verdienen. Der Markt der Mergers & Acquisitions ist ein Milliardenmarkt. Solche Übernahmen bescheren dem Käufer oftmals handfeste Vorteile. Doch auch für Aktionäre ist es lukrativ, gezielt auf Übernahmekandidaten zu setzen.

 

So profitieren Anleger von Übernahmen

 

Was hat ein Anleger davon, die Aktien eines potenziellen Übernahmekandidaten zu kaufen? Gute Gewinnaussichten. Denn interessiert sich tatsächlich ein potenzieller Käufer für diesen Kandidaten, dann steigen dessen Kurse. Für eine erhöhte Nachfrage – und damit für einen Kursanstieg – sorgt zum einen der Käufer. Zum anderen heizen auch Spekulanten die Nachfrage an, die am Übernahme-Deal ebenfalls mitverdienen wollen. Aber der anfängliche Kurssprung ist noch nicht alles.

 

Als Anleger von Übernahmen profitieren.jpg

 

Ab 30 Prozent Stimmrechtsanteil: Pflichtangebot an bestehende Aktionäre

 

Still und heimlich kann der potenzielle Käufer einen Übernahmekandidaten nicht kaufen. Vielmehr muss er den anderen Aktionären dieses Unternehmens ein Angebot für ihre Aktien machen. Dazu ist er verpflichtet, sobald er 30 Prozent der Stimmrechtsanteile hält (§§ 35 ff. Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz). Klar ist: Das Angebot muss attraktiv sein. Sonst sehen die Aktionäre keinen Grund, es anzunehmen.

 

Weil sich die Aktionäre nicht selten weigern, ihre Aktien für den gebotenen Preis an den Käufer abzutreten, legt der Käufer oft noch einmal nach. Ihr Broker informiert Sie übrigens automatisch über vorliegende Angebote zu Aktien, die sich in Ihrem Depot befinden. Sie sehen diese beim Online-Broking in Ihrem Postfach oder Dokumentenarchiv.

 

Übrigens kann sich das Warten lohnen. Beabsichtigt der Käufer, nicht nur die Stimmenmehrheit zu erzielen, sondern alle Aktien zu kaufen, dann darf er die restlichen Minderheitsaktionäre nur gegen Abfindung zwangsweise ausschließen. Das nennt sich Squeeze-out („herausdrängen“) und ist ab einem Stimmrechtsanteil von 95 Prozent möglich. Für die verbleibenden Aktionäre ist die Abfindung häufig ungemein lukrativ.

 

Doch können Sie als Anleger im Zuge von Übernahmen nicht nur im Hinblick auf die Aktienkurse ein gutes Geschäft machen, sondern auch im Hinblick auf die Dividenden.

 

Ab 75 Prozent Stimmrechtsanteil: Gewinnabführungsvertrag möglich

 

Durchaus üblich im Übernahmegeschäft ist ein sogenannter Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Möglich ist er mit 75 Prozent der Stimmen auf der Hauptversammlung. Mit einem solchen Vertrag erhält der Käufer das Sagen in dem von ihm übernommenen Unternehmen. Zugleich wird darin eine garantierte Dividende für die Minderheits-Aktionäre festgeschrieben. Diese Dividende ist unabhängig davon, ob das übernommene Unternehmen gerade Gewinne macht oder Verluste. Nicht selten liegt die Dividendenrendite (also der prozentuale Anteil der Dividende am Aktienkurs) bei 5 Prozent oder mehr.

 

Wie Sie als Anleger Übernahmekandidaten frühzeitig identifizieren

 

Die Übernahme-Strategie sollten Sie nur verfolgen, wenn Sie bereit sind, Zeit in Ihre Geldanlage zu investieren. Denn nur, wer sich ausreichend informiert, findet potenzielle Übernahmekandidaten, bevor das Gros der Anleger darauf aufmerksam wird. Wie lassen sich aussichtsreiche Kandidaten identifizieren?

 

Strategische Überlegungen

 

Verfolgen Sie aufmerksam die Börsennachrichten. Vielleicht haben Sie ja spezielle Branchen besonders im Blick. Überlegen Sie sich: Was könnte es einem Unternehmen bringen, ein anderes zu kaufen? Die möglichen Gründe:

 

  • Käufer und Übernahmekandidat ergänzen sich in ihren Produkten. Beispiel: Dialyse-Spezialist Fresenius übernimmt große Teile des Rhön-Klinikums.
  • Die Produkte von Käufer und Übernahmekandidat sind nahezu identisch. Durch die Übernahme lässt sich Wettbewerb vermeiden (sofern es das Kartellamt erlaubt) und außerdem lassen sich Synergien nutzen. Beispiel: Der japanische Maschinenbauer DMG Mori Seiki kauft den ostwestfälischen Maschinenbauer Gildemeister.
  • Der Übernahmekandidat besitzt gefragte Patente. Beispiel: Google kaufte 2012 den Handy-Hersteller Motorola wegen seiner technisch wichtigen Patente in der Smartphone- und Tablet-Produktion. 2014 stieß Google den defizitären Handyhersteller zwar wieder ab, behielt aber einen Großteil der Patente.
  • Der Käufer besetzt mit der Übernahme einen bislang weißen Fleck auf der Landkarte seiner Absatzmärkte. Beispiel: Der spanische Baukonzern ACS kauft den deutschen Baukonzern Hochtief. Mit Geschäften in Deutschland kompensiert er die krisenbedingten Ausfälle in seinem Heimatland.
  • Ein wichtiger Grund ist auch der Aufbau neuer Standbeine. Mit einer Übernahme erschließt sich der Käufer z. B. einen neuen Markt, der ihn weniger abhängig von seinem bisherigen Kundenstamm macht. Beispiel: Der Anlagen- und Maschinenbauer Dürr, bislang reiner Zulieferer der Automobilbranche, kauft Homag, einen auf Holzverarbeitung spezialisierten Maschinenbauer. Damit stößt er in einen komplett anderen Markt vor.

Bei der Überlegung, wer ein interessanter Übernahmekandidat für welches Unternehmen ist, ist Fantasie gefragt. Je früher Sie die Aktien potenzieller Kandidaten kaufen, desto größer ist das Kurspotenzial. Allerdings wissen Sie dann natürlich nicht, ob und ggf. wann Ihre Rechnung aufgeht.

 

Anteile-Info der Finanzaufsicht BaFin

 

Ist eine Übernahme bereits im Gange, bleibt Ihnen das nicht verborgen. Denn die Käufer sind verpflichtet, ihre Anteile der Finanzaufsicht und dem betroffenen Unternehmen zu melden, sobald bestimmte Schwellen überschritten sind (§ 21 Wertpapierhandelsgesetz). Diese Schwellen liegen bei 3, 5, 10, 15, 20, 25, 30, 50 und 75 Prozent der Stimmrechtsanteile.

 

Wie erfahren Sie davon? Es gibt mehrere Möglichkeiten:

 

  • Sie hören darüber in den Börsennachrichten.
  • Es gibt eine betreffende Datenbank der Finanzaufsicht BaFin im Internet. Dort können Sie sich gezielt und kostenfrei auf die Suche nach Unternehmen machen, für die Sie sich interessieren.
  • Die Überschreitung bestimmter Stimmrechtsanteile wird auch auf der Internetseite der DGAP veröffentlicht. Dies ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das AGs hilft, ihren Meldepflichten nachzukommen.

 

Fazit: Lohnende Strategie für gut informierte Aktionäre

 

Zugegeben: Die Übernahme-Strategie erfordert die Bereitschaft, sich intensiv mit einzelnen Branchen auseinanderzusetzen. Wer aber als Anleger ohnehin ständig die Börsenberichterstattung verfolgt und Freude hat an wohlüberlegten, aussichtsreichen Investments, für den ist diese Strategie geradezu ideal.

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Die wichtigsten Punkte auf einen Blick:

 

  • Gründe für Fusionen und Übernahmen sind meist strategischer Natur. Deshalb lohnt es sich, Börsennachrichten zu verfolgen und auf mögliche Übernahmekandidaten zu überprüfen.
  • Übernahmen sorgen für einen Kursanstieg beim Kaufkandidaten: Dessen Aktien sind plötzlich gefragter als vorher.
  • Interessant sind nicht nur die Kursgewinne, sondern auch die Dividenden. Das gilt vor allem, wenn der Käufer mit dem übernommenen Unternehmen einen Gewinnabführungsvertrag geschlossen hat.
  • Erwirbt ein Käufer bestimmte Stimmrechtsanteile, muss er das der Finanzaufsicht und dem betroffenen Unternehmen melden (§ 21 Wertpapierhandelsgesetz). Die meldepflichtigen Schwellen liegen bei 3, 5, 10, 15, 20, 25, 30, 50 und 75 Prozent.
  • Ab einem Stimmrechtsanteil von 75 Prozent kommt es häufig zu einem Gewinnabführungsvertrag. Für die verbleibenden Minderheitsaktionäre ist das vorteilhaft, denn sie erhalten als Abfindung über Jahre hinweg eine garantierte Dividende.
  • Ab einem Stimmrechtsanteil von 95 Prozent kann ein Mehrheitseigner die noch bestehenden Minderheitsaktionäre aus dem Unternehmen drängen (Squeeze-out).